Er kann es schaffen

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Jetzt, wo jedem klar ist, dass der Finanzminister in Sachen BIP und Defizit seit Jahren mit unrichtigen Zahlen hantiert, unbewusst oder bewusst, können wir uns anderen Themen zuwenden, wichtigen, wie zum Beispiel der grassierenden Arbeitslosigkeit in Luxemburg.

Normalerweise steigt die Arbeitslosigkeit, wenn der sogenannte Arbeitsmarkt schrumpft, weil anstatt soundso viel Arbeitsplätzen deren weniger angeboten werden, wegen großer und kleiner Krisen, die sich aus Standortverlagerungen und Schließungen und Rationalisierungen ergeben.
Diese Regel erklärt alles in Deutschland, Frankreich, Belgien; sie gilt aber nicht bei uns.

Warum?
Weil in Luxemburg mehr Arbeitsplätze entstehen, als abgebaut werden. Das Plusminus ergibt im Netto ein sattes Plus. Wir hätten nicht einen einzigen Arbeitslosen, wenn es möglich wäre, die neuen Posten mit Kandidaten aus dem Reservoir der ADEM („Administration de l’emploi“) zu besetzen, und wir müssten auch dann noch jahraus, jahrein Tausende Grenzgänger anheuern.

Die alte ADEM verwaltete die Arbeitslosigkeit. Kafka hätte sich an ihr ergötzt.

Man stelle sich das System mal so vor:
Da ist zuoberst eine beamtete Person, hier eine Direktorin, deren Personal, zahlenmäßig wie fachlich dem Problem nicht gewachsen, den Auftrag hat, die von der Privatwirtschaft generierte Arbeitslosigkeit zu „administrieren“.

Die Chefin hat keine Ahnung von den Vorgängen draußen in der rauen Unternehmerwelt. Ihr Auftrag lautet: Achten auf den Papierkram; der muss stimmen. Nur keine Initiativen, nichts darf sein, was nicht in den Vorschriften steht.

Für Kaiserwetter gedacht

Diese ADEM war für wirtschaftliches Kaiserwetter gedacht. Aber nicht für die atypische Entwicklung, die, bei steigender Beschäftigtenzahl, um die 6% Arbeitslosigkeit aufzeigt.

Arbeitsminister Nicolas Schmit, dieser in seine politische Aufgabe hineingewachsene ehemalige Diplomat, wagte es, sich der ADEM-Sanierung anzunehmen.
Er schafft an des alten Amtes Stelle die „Agence pour le développement de l’emploi“, die mit zusätzlichem Personal und mehr lokalen Adressen ausgestattet wird.

Er wagte es, die unkündbare Direktorin der alten ADEM, gegen welche der in Personalfragen doch sehr generöse John Castegnaro mit härtester Kritik angetreten war, indirekt zu entmachten, indem er ihr mit Fachkompetenz ausgestattete Stellvertreter an die Seite stellt. Das kostet den Steuerzahler einiges, aber in Luxemburg ist der Spitzenbeamte ja geschützt wie bei den alten Griechen ein Halbgott.

Bis zur angekündigten ADEM-Novelle bleiben Nicolas Schmit noch einige Monate Zeit. Er möge sie für das bessere Verständnis der Praxis nützen.

Drei Hinweise

Dazu einige, vielleicht hilfreiche Hinweise:
1. Die ADEM ist bei den Betrieben unbeliebt. Man kennt sich nicht.
Für unser Haus, Editpress, das in den drei vergangenen Jahren über hundert Arbeitsplätze (immerhin!) geschaffen hat, kann der Schreiber bezeugen, dass er nie einen „ADEM-Placeur“ zu Gesicht bekam. Unternehmen rekrutieren „hors ADEM“, weil ihnen die ADEM-Formalitäten wie ein Zeitdiebstahl vorkommen.

2. Alle wollten die Leistungsgesellschaft. Nun ist sie da. Sie hat keinen Platz für die zu Teuren, die zu Alten, die zu Langsamen. Für die Teuren, die Alten und die Langsamen, und auch für die Meckerer, findet man zuhauf Ersatz in der Großregion.

3. Wer stellt ein? Formal ist es der Boss. Aber de facto war es der kleine Chef. In Luxemburg stellen die französischen Chefs Franzosen ein, die belgischen stellen Belgier ein, die deutschen stellen Deutsche ein.
Luxemburger Chefs gibt es fast keine mehr. Außer beim Staat, den Gemeinden und den para-öffentlichen Betrieben.
Und da wäre noch, am Ende, die Frage der Kompetenz. Stecken wir genug Wissen und Geld in die Weiterbildung und die Neuschulung, um den vorübergehend Arbeitslosen eine zusätzliche Chance zu bieten?

Minister Schmit, wir beneiden Sie nicht um Ihren Auftrag. Sie haben ihn gewollt, und Sie sollten am Ball bleiben.

Alvin Sold
asold@tageblatt.lu