Elitär und populär

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Man kann von ihm halten, was man will, von diesem lispelnden, wild mit seinem Zeigefinger fuchtelnden, polarisierenden und zu Recht den Titel „Papst“ tragenden Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der nun am Mittwoch im Alter von 93 Jahren gestorben ist.

Doch eines muss man ihm lassen: Er scherte sich einen feuchten Kehricht darum, was andere von ihm dachten und scheute niemals davor zurück, auch Büchern renommierter Autoren ein Armutszeugnis auszustellen. „Die Klarheit ist die Höflichkeit des Kritikers, die Deutlichkeit seine Pflicht und Aufgabe“, lautete sein Credo. Grausamkeit lasse sich dabei leider nicht immer ausschließen.

In Zeiten, in denen Kritik – und das nicht nur in der Literatur – immer stärker zu opportunistischer Gefälligkeitsplauderei verkommt oder sich aber auf eine niveaulose, meist persönlich werdende Ebene herabsetzt, ragte Marcel Reich-Ranicki mit seiner deutlichen und unverblümten, aber rhetorisch ausgefeilten Sprache heraus. Statt Floskeln und Wortschwällen hielt er sich lieber an Hemingway und den einen wahren Satz, den es zu schreiben und zu sagen gilt. Da scheint es doch beinahe paradox und deshalb umso schöner, dass gerade er, der den Deutschen Fernsehpreis ablehnte, da er zu diesem „niveaulosen Blödsinn“ nicht dazugehören wolle, dafür sorgte, das Buch gerade auch im Fernsehen – und damit für eine breite Masse – populär zu machen. Sein wohl größtes Verdienst.