Eins ist sicher, Ende 2009

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Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Eins ist tatsächlich sicher am Ende dieses verrückten Jahres, in dem sich, weltweit, die Kräfte zwischen alten und neuen Mächten verschoben haben wie selten zuvor: In seinem direkten Umfeld, das man Kerneuropa nennen könnte, hat Luxemburg enorm an politischem Einfluss verloren.
Man gesteht dem kleinsten der EU-Gründerstaaten keine Sonderrolle mehr zu.
Als das internationale Finanzwesen mit Geldern gerettet werden musste, welche die völlig überraschten Regierungen irgendwie aufzutreiben hatten, aus Reserven schöpfend oder auf Pump, war klar, dass zum Halali auf die Finanzplätze geblasen würde, die als Steueroasen gelten.
Zu denen gehört Luxemburg aus deutscher, französischer, belgischer und US-amerikanischer Sicht. Aus vermeintlichen Freunden wurden über Nacht zynische Gegner, solche, die, weil sie keine Repressalien zu fürchten brauchen, ihre kurzfristigen Interessen rücksichtslos durchsetzen. Was blieb Juncker denn anderes übrig, als Frieden anzuweisen, den Kotau vor den OECD-Herren zu machen, als diese Luxemburg, dem hektischen Sarkozy (und der schweigenden Merkel) folgend, auf ihre graue Gangsterliste gesetzt hatten?

Dieser Kotau, mit dem der souveräne Staat Luxemburg sich kriecherisch demütigte, wird in unsere Geschichte eingehen als ein Paradigmenwechsel. Wir wissen nun, dass wer so klein ist, nicht nur militärisch überrannt wird wie Luxemburg 1914 und 1940, trotz aller Garantien der Großen, wenn diese Großen es für notwendig erachten, sondern auch politisch, trotz aller Gleichberechtigungsverträge.

In EU-Europa räsoniert man in führenden Mitgliedsländern wieder, oder immer noch nach dem alten Schema der Staatsräson, so, als wären Frankreich, Deutschland, England oder gar Italien, Spanien und Polen einzeln ernst zu nehmende Größen auf der Weltbühne, wo China und Indien neben die USA und Japan getreten sind und Russland und Brasilien unüberhörbar mitreden!

Welch ein Wahn!

Aber dieser Wahn, der die politische und in der Konsequenz auch wirtschaftliche Erniedrigung der kleineren und kleinen Staaten fördert, ist schieres Gift für die Idee des geeinten Europas, das mit seinen 500 Millionen Einwohnern, seiner überaus reichen Kultur, seiner alle, sogar die USA übertreffenden Wirtschaftsleistung, gestaltend in die Geschicke der Menschheit eingreifen könnte.

Sind wir Luxemburger noch EU-überzeugte Europäer, nicht nur nach dem, was 2009 geschah, sondern nach der Art und Weise, wie es geschah? Wieso wurde der jahrelang im Konsens für den ersten EU-Vorsitz aufgebaute Luxemburger Premier in den letzten Wochen vor der Beschlussfassung von Sarkozy demoliert? Warum ließen Merkel und die anderen Koryphäen den Luxemburger Kandidaten fallen?

Ist daraus nicht die Lehre zu ziehen, dass die Zeit reif ist für eine nüchterne Bestandsaufnahme?

Deren Fazit könnte folgendes sein:
1. Fast alle größeren Firmen, die in Luxemburg ansässig sind, gehören international tätigen Konzernen, auf deren strategische Entscheidungen Luxemburg keinen Einfluss hat.
2. Nach dem Scheitern Junckers ist nicht damit zu rechnen, dass einem anderen Luxemburger die Chance geboten wird, in EU-Europa direkt oder indirekt Luxemburger Interessen zu fördern.
3. Aber wirtschaftlich und finanziell befindet sich Luxemburg nach der Rezession in einer guten Ausgangslage. Man sollte sich der verbleibenden, tief verankerten Vorteile bewusst sein oder werden.

Wie dumm wären wir?

Wo im Westen der Union, wo in der Großregion steht den Unternehmungen qualifizierteres Personal zur Verfügung als bei uns? Wo gibt es ein besseres Modell als die Tripartite zur Lösung sozialpolitischer und betriebspolitischer Probleme?

Wie dumm wären wir, ließen wir uns dieses System auch noch kaputt machen, im Neuen Jahr?
Woraus sich die Wünsche des Schreibers an die Leser ergeben: Man bleibe im Sturm eng zusammen, und man schreite bei gutem Wetter locker zusammen voran.