Eine gerechte Strafe?

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Hosni Mubarak liegt wegen eines Herzinfarkts im Krankenhaus. Sollte er rauskommen, wird ihm womöglich der Prozess gemacht und es droht ihm der Tod durch den Strang.

Der ehemalige Rais, der ohne Zweifel in seinen Folterkellern für Hunderte von Morden und Freiheitsberaubungen an seinen Landsleuten die Verantwortung trägt – und sich und seinen Clan so nebenbei um einige Milliarden bereichert hat – wird somit seine gerechte Strafe erhalten. Causa finita?

Zwar mag man auf den ersten Blick argumentieren, dass damit der Gerechtigkeit ein Dienst erwiesen wird. In der Tat wurde in den letzten Tagen mit dem Mubarak-Regime, das Ägypten in den vergangenen 30 Jahren fest unter seiner Knute hielt, ziemlich schnell aufgeräumt. Nicht nur, dass jetzt durch das Verbot der Einheitspartei NDP eine der Hauptforderungen der Demonstranten vom Tahrir-Platz erfüllt wurde, nein, auch die Inhaftierung vieler Stützen des Mubarak-Clans, samt den beiden Söhnen Gamal und Alaa, zeugt scheinbar davon, dass Ägyptens friedliche Revolution allem Anschein zum Trotz – erst vor kurzem wurden Blogger und Menschenrechtler verhaftet – weiter die Kraft besitzt, um die Verhältnisse im Land umzukrempeln. Allerdings gibt es einige gute Gründe, die daran zweifeln lassen, dass diese Art von „Lösung“ Ägypten tatsächlich vorantreiben wird. Das Gegenteil stimmt eher.

Die Polen haben in den 90er Jahren eigentlich vorgemacht, wie man ein verhasstes Regime auf die Müllhalde der Geschichte wirft, ohne dabei zusätzliche Ressentiments und Instabilität heraufzubeschwören, welche die Mammutaufgabe einer politischen Neugestaltung von vornherein schwieriger gestalten.
Einer der Gründe, warum Polen die Wende so erfolgreich schaffte, liegt darin, dass das damalige Staatsoberhaupt, General Wojciech Jaruzelski, nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs vorerst nicht behelligt wurde. Jaruzelski, der 1981 das Kriegsrecht verhängen ließ und Verantwortung für Tod und Folter während dieser Zeit trägt, fristet seit 1990 einen durchaus ruhigen Lebensabend.

Zwar wird ihm nun der Prozess gemacht, alle Beobachter gehen aber davon aus, dass der schwerkranke General ein Urteil nicht erleben wird. So manchen mag dadurch die persönliche Genugtuung einer Bestrafung Jaruzelskis entgehen. Die Tatsache allerdings, dass die polnische Gesellschaft gerade durch Jaruzelskis „inneres“ Exil ihren Frieden mit sich selbst schließen und so auch die überaus positive politische und wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben konnte, ist in dieser Hinsicht mehr als nur ein billiger Trost.

Spielball der Politik

Gerade weil noch überhaupt nicht geklärt ist, in welche politische Richtung das Land am Nil sich hinbewegt, kann die Causa Mubarak keine Sache der Gerechtigkeit sein. Es ist deshalb ziemlich suspekt, wenn jetzt so urplötzlich und überstürzt Hosni Mubarak und seinen Handlangern der Prozess gemacht werden soll. Wem in Ägypten würde dies nützen?

Das dürfte das zunehmend unter der Kritik der Straße stehende Militär sein. Die alte Militärkaste um Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi – ehemals Stützen des Regimes und nun neue (vorübergehende?) Herrscher des Landes – scheint mehr und mehr eine eigene Agenda zu verfolgen. Die Militärs haben tatsächlich in einem neuen Ägypten ziemlich viel zu verlieren, sollte der „Straßenpöbel“ seinen Willen durchsetzen. Dann doch lieber gleich selber die Richtung und den Zeitplan der Veränderungen bestimmen – und sei es gegen die Demonstranten vom Tahrir-Platz. Und um den Volkszorn vorübergehend zu beruhigen und einen kurzfristigen politischen Gewinn zu erzielen, wirft man dem „Pöbel“ dann halt einen Hosni Mubarak vor die Füße.
Die negativen Folgen dürften langfristigen Charakter haben.