Eine Frage der Gerechtigkeit

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Die Gewerkschaften sowie die Salariatskammer stellen sich auf eine umfassende Diskussion über die Steuerpolitik ein, wie OGBL-Präsident Jean-Claude Reding diese Woche im Tageblatt erklärte.

Doch auch die politischen Parteien werden in ihren Wahlprogrammen und während des kurzen, aber wohl intensiven Wahlkampfs für die vorgezogenen Parlamentswahlen am 20. Oktober nicht daran vorbeikommen, sich zu dieser Frage zu positionieren. Die Verteilung der Steuerlast wird zwar in regelmäßigen Abständen zu einem politischen und gesellschaftlichen Thema, eine umfassende Reform, die zu mehr Steuergerechtigkeit führen würde, blieb bislang jedoch aus.

In seiner Rede zur Lage der Nation am 10. April hatte Premierminister Jean-Claude Juncker vor der Abgeordnetenkammer angekündigt, bis 2015 (also nach dem ursprünglich geplanten Wahltermin) werde alles bleiben, wie es ist. Anschließend soll die Mehrwertsteuer erhöht werden. Um wie viele Prozentpunkte sie angehoben werden soll, ließ Juncker allerdings offen. Als Begründung wurde der Ausfall der Steuereinnahmen im elektronischen Handel angeführt. Gleichzeitig hieß es, diese TVA-Erhöhung werde in eine breite Steuerreform eingebunden. Weitere Details zu den geplanten Änderungen gab es keine.

Globale Steuerreform

In einer Diskussion über die Steuerpolitik in Luxemburg müsste jedoch die Frage der Gerechtigkeit in den Mittelpunkt gerückt werden. Bei der Mehrwertsteuer handelt es sich per Definition um eine unsoziale Steuer. Ihre Erhöhung ist zwar einfach zu realisieren und lässt ohne viel Aufwand mehr Geld in die Staatskassen fließen, sie ist allerdings für jeden gleich hoch und schafft dadurch ein soziales Ungleichgewicht.

Ob Arbeitsloser, Mindestlohnempfänger, Mittelschicht oder Superreiche, jeder zahlt notgedrungen die gleiche Mehrwertsteuer. Eine TVA-Erhöhung trifft deswegen gerade die Menschen mit niedrigen Einkommen am härtesten. Für sozial Schwache stellen diese zusätzlichen Ausgaben eine große Last dar, während sie von den Großverdienern als „peanuts“ abgetan werden können.

Generell gibt es beim Luxemburger Steuersystem Nachholbedarf. Die Erhebung von Steuern dient nämlich nicht nur der Erzeugung von Einnahmen, die zur Deckung des Staatshaushalts herangezogen werden. Es handelt sich auch um ein politisches Instrument, das es ermöglicht, eine Umverteilung im Bereich der Einkommensverteilung oder Vermögensverteilung zu erreichen und soziale Ungleichheiten (teilweise) auszugleichen.

Hier drängen sich allerdings mehrere Observationen auf: Ein Großteil der Steuerlast wird von der Mittelschicht getragen. Auch ist der Druck auf die Lohnempfänger besonders stark, da Löhne stärker besteuert werden als Kapitaleinkommen. Zudem hat die Nicht-Anpassung der Steuertabellen dazu geführt, dass Menschen mit niedrigen Einkommen immer früher anfangen, Steuern zu zahlen. Eine globale Reform der hiesigen Steuerpolitik drängt sich also auf.

Allerdings muss es sich dabei um eine Reform im ursprünglichen Sinne des Wortes handeln – der Terminus wird ja seit Jahren immer wieder dazu missbraucht, Verschlechterungen und Sozialabbau zu verniedlichen und zu rechtfertigen. Es sollte sich also um eine Steuerreform handeln, die eine reale Verbesserung der aktuellen Situation herbeiführt und mehr soziale Gerechtigkeit schafft.