Was wir dürfen

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Im Chaos der Gegenwart nicht den Überblick verlieren

So chaotisch wie jetzt war die Welt schon lange nicht mehr: Wo lebt es sich denn noch sorgenfrei?

Nicht einmal in der politisch durch und durch organisierten EU. Auch hier toben hinter den Kulissen wüste Verteilungskämpfe, die Unzählige einer menschenwürdigen Zukunft berauben, auch hier geht die Angst um. Der blutige Terror der Islamisten, die vielen Flüchtlinge aus Nahost und Nordafrika, die Billiglohnkonkurrenz aus Osteuropa.

Und bei uns in Luxemburg, nicht wahr, da sind noch zusätzlich die Grenzgänger, und das Französisch, und die Ausländer, das hält ja keiner aus!

Wir sind schlimmer dran, wir Luxemburger, weit schlimmer als die anderen, da komme uns keiner mit dem Gefasel, hier wären die Löhne und die Pensionen sicher und höher, die Krankenversorgung besser, und wir hätten den Index, es würden weit mehr Arbeitsplätze geschaffen als abgebaut, der Staat sei finanziell beneidenswert gesund, er investiere Milliarden in die öffentlichen Einrichtungen, er stelle sogar zusätzliche Beamte ein, nein, hört auf damit!

Mag auch sein, dass für Chrëschtdag mehr geshoppt, geschenkt, gereist, verspeist und getrunken wird als je zuvor, aber warum denn nicht, wir haben‘s ja.

Den Fängen der Hybris entkommen

Ja. Wir Luxemburger, die mit den fast 4 Prozent BIP-Wachstum, dem Turbo-Finanzplatz, den schnellen Steuerlösungen, den besten in den Grossregion und darüber hinaus rekrutierten Köpfen, wir haben‘s. Und wir werden es sogar weitgehend behalten können, vorausgesetzt, es gelingt, den Fängen der kollektiven Hybris zu entkommen.

Die Hybris ist, laut Wikipedia, eine „extreme Form der Selbstüberschätzung oder auch des Hochmuts“; man verbindet die Hybris häufig mit dem Realitätsverlust- eine in Luxemburg leider häufig feststellbare Erkrankung. Darf solches gerade zu Weihnachten überhaupt gesagt werden?

Hoffentlich. Denn sonst wäre die Lage bereits hoffnungslos.

Selbstverständlich dürfen und sollen wir das Fest des Friedens und der Freude feiern. In uralter Zeit, lange vor dem Christentum, war die Wintersonnenwende der ersehnte Tag, ab dem das Licht wieder zunahm. Man wusste, es wird demnächst Frühling und Sommer, und alles wird wachsen und gedeihen. Die vielen Lichter zuhause und draussen knüpfen mit moderner Technik an die alten Bräuche an; das ist gut, wir kurzfristigen Gäste dieser Erde, brauchen Verknüpfungen mit der Vergangenheit, um die Zukunft besser zu gestalten.

Das bleibt eine Riesenaufgabe, eine Utopie, obwohl es finanziell und technisch durchaus möglich wäre, allen auf diesem Planeten ein Leben in Freiheit, in Würde zu bieten.

Ein Weihnachtstraum

Es bräuchte dafür „nur“ das Einvernehmen aller Nationen, bedingungslos mit den Kriegen aufzuhören und den Reichtum gerecht zu verteilen, dauerhaft. Religionen und Weltanschauungen wären reine Privatsache, Nahrung, angemessenen Lebensunterhalt und Sicherheit gäbe es für jeden, Politik würde im Interesse der Polis, der Gemeinschaft betrieben, hier und überall und immer.

Ein Weihnachtstraum, natürlich. Aber im Ernst: Wir schulden den grossen Denkern, die sich vor Jahrtausenden, Jahrhunderten, Jahrzehnten oder heute mit dieser Thematik befassen, mehr persönlichen Einsatz.

Vielleicht hilft es, ihre Schriften mal wieder zu lesen. Wie wäre es mit Epikur, Machiavelli, Thomas More ,Voltaire, Rousseau, Marx, Nietzsche, Sartre, Foucault? Zum Beispiel? Deren Bücher passten doch gut unter den Christbaum..

AutorAlvin Sold