Unterschiedliche Wege

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Euro und Dollar gehen in entgegengesetzte Richtungen

Anfang Dezember kündigte Europas Zentralbank an, die Dauer ihres mehr als tausend Milliarden Euro schweren Kaufprogramms von Schuldscheinen bis Dezember 2017 zu verlängern. Zudem will sie insgesamt 540 Milliarden mehr ausgegeben. Den Leitzins im Euroraum beließ sie bei null Prozent.
Die USA tun genau das Gegenteil. Hier wurde der Leitzins letzte Woche angehoben. Die US-Zentralbank setzt damit ihren Kurs fort, die Geldpolitik wieder zu „normalisieren“. Sie will einen Schlussstrich unter die „außergewöhnlichen Maßnahmen“ ziehen, mit denen sie in den letzten Jahren versucht hat, die Konjunktur und die Beschäftigung anzukurbeln.

Sie sieht das Ziel erreicht und will weg von der Nullzins-Politik. Im Fall einer nächsten Krise will sie Handlungsspielraum zur Verfügung haben – und auch die Zinsen senken können.
Nicht so in der Eurozone. Die Preissteigerungen seien immer noch zu niedrig, argumentiert die Zentralbank. Dabei ist die Inflationsrate im Währungsraum wieder auf 0,6 Prozent gestiegen. Die Angst vor einer Deflation (fallende Preise) hat sich gelegt. Laut einer regelmäßig von der EZB unter Ökonomen durchgeführten Umfrage liegen deren Inflationserwartungen für 2017 und 2018 bei 1,2 und 1,5 Prozent. Die längerfristige Prognose liegt bei 1,8 Prozent. Europa rückt also wieder näher an die Zielmarke von zwei Prozent.

Doch die Zeit des billigen Geldes wurde nicht genutzt, um die Region wieder fit zu machen. Kaum ein Mitgliedstaat hat die niedrigen Zinsen genutzt, um den Schuldenstand zu reduzieren. Auch viele der mit den Staaten eng verwobenen Finanzinstitute schwächeln, auch acht Jahre nach der Finanzkrise immer noch. Derzeit stehen die über Jahre angesammelten faulen Kredite von Italiens Banken im Fokus. Vor einigen Monaten war es die Deutsche Bank, die sich gegen Gerüchte von Staatshilfen zur Wehr setzen musste.

In den USA hingegen boomen die Banken wieder. Sie freuen sich sogar bereits auf die nächste Deregulierungswelle.
Gleichzeitig wird die Effizienz der „außergewöhnlichen Maßnahmen“ an sich immer mehr angezweifelt. Die Konjunktur wird nur indirekt – über steigende Exporte dank eines billigen Euro – angekurbelt. Die Nachfrage nach Produkten steigt beim Aufkaufen alter Staatsanleihen kaum. Auch die gewünschten Investitionen blieben aus.
Trotzdem werden die Maßnahmen in Europa weiter verlängert.

Auch ob die EZB mit dem Kaufen von Staatsanleihen und Konzern-Schulden aufhören wird, sobald die Zielmarke, die als Preisstabilität definiert wurde, erreicht wird, darf bezweifelt werden. Europa hat sich bereits an das billige Geld gewöhnt.