Regel-Findung

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Soziale Medien

In den sozialen Medien wimmelt es von Neonazis. Und nein, die Rede geht hier nicht von Wählern der AfD oder des Front national, die sich gemeinhin ja lieber als „besorgte Bürger“ oder als „das Volk“ bezeichnen. Die Rede geht von Menschen, die sich in ihrem Profilbild mit Hitlergruß zeigen, Flaggen des Dritten Reiches posten oder hin und wieder ein „Heil Hitler“ unter einen Eintrag posten. Kurz: mit ihrer Einstellung nicht hinterm Berg halten und wohl auch nicht beleidigt sind, wenn man sie als Nationalsozialisten tituliert. Facebook löscht solche Profile tatsächlich, wenn sie gemeldet werden. Dass Facebook sich aber manchmal „schwertut“, die Konten solcher Individuen zu sperren oder auch nur die betreffenden Bilder zu löschen, ist bekannt und manchmal frustrierend. Wer Bilder oder Einträge meldet, erhält oft die enttäuschende Nachricht, dass der gemeldete Post nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstößt.

Einen interessanten Einblick in die Prüfungsprozedur gab vor zwei Monaten der Technologieblog www.mobilegeeks.de unter Berufung auf einen Insider. Demzufolge bearbeitet ein outgesourcter Dienstleister die in Deutschland gemeldeten Beiträge. Ein Team von 600 Mitarbeitern ist dafür zuständig. Es bearbeitet dem Insider zufolge tausende Beschwerden täglich, so dass die Mitarbeiter sich maximal wenige Sekunden mit einer Meldung beschäftigen können. Sie müssen sich zudem an sehr strenge Regeln halten. Eine davon lautet dem Insider zufolge, sie dürfen keine Vermutungen treffen. Die Mitarbeiter dürfen nur bewerten, was vordergründig gezeigt wird, nicht aber was (vermutlich) gemeint ist. Sie dürfen demnach also nicht zwischen den Zeilen lesen oder etwas eindeutig Zweideutiges interpretieren.

Derweil stehen Facebook und Co. allerdings eher wegen sogenannter Fake-News im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Politik hat das Thema vor allem für sich entdeckt, da sie erkannt hat, welchen Einfluss solche Fake-News auf den Ausgang von Wahlen haben können – und ruft nach einem Verbot sogenannter „Social Bots“. Dabei handelt es sich um Programme, die vorgeben, ein menschlicher User zu sein, und zum Beispiel dazu genutzt werden können, Meinungsmache zu betreiben. Die politische Diskussion kann als nächster Schritt in der gesellschaftlichen Zementierung von sozialen Medien gewertet werden.

Angefangen haben sie als technische Spielereien, die zu großen privaten Unternehmen heranwuchsen. Parallel wurden sie zu einem unausweichlichen gesellschaftlichen Phänomen. Ihre Nutzung wurde etabliert, aber genauso ihr Missbrauch (wobei Missbrauch eine gesellschaftliche Zuschreibung ist). Nun reagiert die Gesellschaft mit normativen Begrenzungen in Form von Gesetzen und Regulierungen. Erschwerend kommt hinzu, dass Facebook (als US-Unternehmen) global genutzt wird. Die Grenzen der Meinungsfreiheit werden allerdings kulturell bedingt überall anders gezogen. In den USA etwa sind sie viel liberaler als in Europa.

Traurig ist es allemal, dass es allerdings wieder einmal scheint, als wäre der Gesetzgeber gefragt, um ein zivilisiertes Zusammenleben möglich zu machen.