Prognosen als Waffe

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Voraussicht ist gut. Aber Spielraum für heute muss sein.

„Kabes“, sagte OGBL-Chef Roeltgen zur Rentenfinanzierungsprognose 2060, „Quatsch“, übersetzten die Medien; wir wollen nicht darüber streiten, ob der deutsche den Luxemburger Begriff wirklich korrekt wiedergibt. Wohl aber darüber, ob mit Recht gesagt werden kann, dass solche rein mathematisch fundierten Rechenmodelle purer Unsinn sind, „Kabes“ eben, oder Quatsch. Man kann. Man soll. Und sei es nur, um denen das Handwerk zu legen, die mit pseudowissenschaftlichen Berechnungen für überübermorgen ihre Geschäfte von heute und morgen sichern möchten. Politische Geschäfte, und/oder finanzielle.

Wie geht das?

Indem man unter Berücksichtigung einiger bekannter oder angenommener Kriterien extrapoliert. Ich kenne die Kernzahlen der heutigen Bevölkerung, weiß die derzeitigen Tendenzen (Geburts-und Todesrate, Zu- und Abwanderung; ich betrachte den Arbeitsmarkt, setze spekulativ einige Entwicklungsszenarien ein, und stelle freudig fest: 2060 fahren wir in die Mauer, da gibt es „mit Sicherheit“ nicht mehr Aktive genug, um die Pension der dann Berechtigten im Umlageverfahren zu finanzieren, d.h. mit Beiträgen wie heute bzw. nach dem heutigen Modus (1/3 Staat, 1/3 Patron, 1/3 Salarié) …

Ja, „wat e Kabes“, welch ein Quatsch, welch hässlicher Versuch des politischen und wirtschaftlichen Betrugs, die Wähler zu verunsichern und reif zu machen für nachteilige Veränderungen!
Als das Luxemburger Stahlgeschäft 1976 brutal einbrach, ließ die zutiefst erschrockene Regierung (so was hatte ja niemand prognostiziert!) die besten Experten weit und breit antreten. Über ihre schauderhaften, teuren Reports darf heute geschmunzelt werden. „Wir“ standen damals tatsächlich vor dem Aussterben, es wäre unmöglich, jemals 20.000 verlorene Industriejobs zu ersetzen, die öffentlichen Ausgaben wären den drastisch verminderten Einnahmeperspektiven anzupassen usw., usf.

Die Zukunftsforscher von 1976 wussten damals so wenig über das Leben von heute wie wir heute über das Leben von + 40, also um 2057, wissen. Sie durften noch als Traum- oder Albtraumtänzer auftreten, wir nicht mehr. Wir wissen, anders als sie, wie rasend schnell die Kybernetik mit ihren praktischen Anwendungen in allen Bereichen, Forschung inklusive, die Welt und uns verändert.
Wer 2017 ein spezifisches Problem (Arbeitsmarkt, Rentenfinanzierung, Steuerbelastung, Wirtschaftsgliederungen, Bildung und Ausbildung, medizinische Versorgung, Lebensgewohnheiten und Konsum beispielsweise), ausgehend vom Ist-Zustand und einigen Hypothesen bis 2060, „hochrechnet“, ist ein Phantast.

Oder, viel wahrscheinlicher, er ist einer von den Profis, die Veränderungen zulasten der kleinen und mittleren Einkommensgruppen herbeiführen wollen, mithilfe der konservativen und wirtschaftsliberalen Parteien.

In der Vorwahlzeit kramt die CSV das Bedürfnis der Luxemburger nach „Sicherheit“ aus ihrem Fundus; sie thematisiert die Rentenmauer, mahnt zur Vorsicht … und ebnet somit dem längst auf der Lauer liegenden Business mit Zusatzversicherungen den Weg. Typisch!

Natürlich brauchen wir Prognosen. Aber für eine überschaubare Zeitspanne. Sogar die Energiewirtschaft geht nicht über 20 Jahre hinaus. Also lasse man das Spiel mit der „Verantwortung vor den nächsten Generationen“. Die Politik hat den heute verfügbaren Spielraum zu nutzen, auch für die Menschen von heute. Er ist ziemlich groß!

EgalWaat
4. Juli 2017 - 15.52

Nicht alles so schwarz sehen, es gibt ja noch Trump, also je nach dems wird sich die Frage über die Rente für viele von uns gar nicht mehr stellen...

Alvin Sold
3. Juli 2017 - 20.33

Herr X, angesichts der hohen Reserven wird noch viele Jahre keine Beitragserhóhung notwendig sein. Und wenn einmal darüber zu diskutieren wäre, in Erwartung einer viel breiter gefächerten sozialpoliteschen Diskussion, dann mūsste natürlich das verankerte Prinzip der Kostenteilung in drei Drittel Anwendung finden. Die Unternehmen hätten wohl die Möglichkeit zu protestieren, aber zahlen müssten sie.

Mr.X
3. Juli 2017 - 17.22

Nein Herr Sold, dies ist genau dass wovor ich warne, ich wehr mich alledings dagegen, dass jeder der dieses Thema nun anscheidet, als populistischer Pessimist dargestellt wird, der mit Zahlen jongliert, damit diese seinen Punkt wiederspiegeln, nur um eine Diskussion über diese Probleme im Keim zu ersticken. Mein Punkt ist, dass zu diesem Zeitpunkt in der Tat unsere Rentenkasse gut darsteht, aber dass wir dafür sorgen müssen dass dies so bleibt und um dies zu realisieren, reicht eine Diskussion über "Beitragserhöhungen", welche die einfachste aller Möglichkeiten ist, da die Bürger zur Kasse gebeten werden, wenn die Unternehemn sich weigern was sie wie immer tun, nun mal nicht aus. Wir sollten das gesamte Bild sehen und einen Nachhaltigere Zukunft planen, leider geht der aktuelle Trend hin zum schnellen Geld auf kosten des Sozailstaates und dieser Trend muss aufhören, leider fehlt es uns da an einer sozailen Partei hier im Land!

Alvin Sold
3. Juli 2017 - 16.55

Herr X, Sie sehen das Rentenmodell als ein Alleinstehendes. Es gehört aber in den generellen Kontext der Sozial- bzw. Umverteilungspolitik des Staates platziert. Wenn, eines Tages, in 20 oder 30 Jahren, die Diskussion beginnen müsste, wird sie mit Sicherheit nicht nur über die Finanzierung der Pensionen zu führen sein. Dann werden wir (die nächste/übernächste) Generation in einem völlig anderen Kontext leben, und man wird Lösungen finden, die heute unvorstellbar im wahrsten Sinne des Wortes sind. En attendant: Beitragserhöhungen für eventuelle Anpassungen schliesst ja niemand aus - ausser den Unternehmerverbänden. - Wiollen Sie Privatversicherungen neben der öffentlichen Altersversorgung? Damit diese gekürzt werden kann, Herr X.? Zum Wohl der Versicherer, wie in den USA?

Mr.X
3. Juli 2017 - 16.01

Ich bestreite auch gar nicht, dass die Reserven da sind, oder die Überschüsse hoch sind, da wir eben mehr Leute haben die einzahlen, ich hinterfrage die Tatsache ob dies auch noch der Fall ist, wenn das Land sein Limit erreicht (welches es nicht in den nächsten 5-10 Jehren wird, aber irgendwann schon), dieses Model noch zu halten ist. Fakt ist, das Model profitiert davon, dass wir immer mehr Arbeitsplätz schaffen, dadurch leiden aber viele andere Bereiche und es kommt zu immer mehr sozialer Ungerechtigkeit, bis hin zu dem Pu nkt, wo die Rente nicht mehr ausreicht, egal ob es eine Grosse Reserve gibt oder nicht, diese Probleme getrennt zu sehen trägt ihrer Komplexität nicht recht, weshalb ich es nicht einfach nur als "politische und/oder wirtschaftliche Trickserei" abtun würde. Was die Konsequenzen einer solchen soziale Ungerechtigkeit und das Tricksen anbelangt sieht man ja in vielen Fällen in Deutschland. Soweit dürfen wir es hier nicht kommen lassen!

Alvin Sold
3. Juli 2017 - 13.21

Unser Rentensystem, Herr X, fusst auf dem Umlageverfahren: Die Arbeitnehmer, der Staat und das Patronat setzen zusammen 24% der ausgewiesenen Bruttoentlöhnungen (bis zu einer Obergrenze) ein, um die laufenden Renten zu finanzieren. DIe Überschüsse (sie sind extrem hoch) fliessen in die Reserve, welche als Zeitpuffer gedacht ist, wenn das Modell nicht mehr funktionierte. Der Moment, wo dieser Zeitpuffer für Korrekturen am Modell oder ein neues Modell zu nutzen wäre, liegt soweit in der Ferne, dass diejenigen, die ihn für ihr Horrorszenario beschwören, mit Fug und Recht als politische und/oder wirtschaftliche Trickser zu entlarven sind.

Mr.X
3. Juli 2017 - 9.38

Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass wenn ujemand das Thema der Renten anspricht es immer wieder Leute in der Presse gibt, welche es für "Kabes" halten. Unser Rentensystem kann nicht funktionieren, da es auf undenlichen Wachstum basiert, welches noch grössere Herausforderungen mit sich bringt als nur das Rentenniveau. Hinzu kommt, dass die Beiträge dank der erschreckend niedrigen Zinsen auch erhöht werden müssen um das jetzige Niveau zu halten und letzlich ist das aktuelle Model weiter nichts als ein Pyramid-scheme, ein nicht nachahltiges Buisnessmodel, was in den meistenfällen illegal ist. Naja, alles Panik mache, besser ist es den Kopf in den Sand zu stecken wie die L(SA)P und nichts zu machen... alles andere ist Panikmache...

Alvin Sold
2. Juli 2017 - 21.08

Friedrich, ich weiss dass die mathematisch exakte Hochrechnung, wenn sie vom jetzigen Finanzierungsmodell und plausiblen Szenarien ausgeht, die Jahreszahl findet, wo weniger eingezahlt wird als ausbezahlt. Aber warum soll ich voraussetzen, dass bis dato keine systemverändernden Dinge geschehen sind, oder geschehen? Warum sollte man die Pensionsfrage isoliert betrachten, losgelöst von der ganzen Umverteilungspolitik, über die der Staat (die Politik) zu entscheiden hat? Die Kernfrage ist: Welches Kräfteverhältnis Politik/Wirtschaft ist gegeben, wenn das Problem sich real stellt?

rob
2. Juli 2017 - 20.15

Rosch, wouhir wëlls du wëssen, op d'Wieler um Enn net awer léiwer mat dëser Koalitioun weiderfueren? Iir D'CSV erëm ka Suen drop maachen, mussen der jo nach verdéngt gin...

Friedrich
2. Juli 2017 - 10.19

Et muss awer emol iwwer déi Saach gestridden ginn. Awer net iwwert si eleng, mä iwwert d'Gesellschaft an hirt Recht, vun den Profiter e vill méi groussen Deel ze huelen. An domat, ënner aanerem, d'Altersversuerjong ze finanzéieren

armand
1. Juli 2017 - 19.29

zurückgezahlt durch neue schulden.

Sophie
1. Juli 2017 - 19.17

Kabes! Quatsch! Relativ zum BIP nimmt die Staatschuld sogar ab. Und wenn eine Anleihe nach x Jahren ausläuft, wird sie zurückgezahlt. Während der Laufzeit sind "nur" die Zinsen fällig. So läuft das Geschäft zwischen den Banken und den Staaten überall.

armand
1. Juli 2017 - 18.22

sicher, aber der staat zahlt seine schulden nicht zurück. es werden jahr führ jahr mehr.

Zeni
1. Juli 2017 - 16.26

Budget auf Pump? Wieso? Laufende Ausgaben werden doch mit den laufenden Ausgaben gedeckt. Wenn Geld geliehen wird, dann für Investitionen. Armand, hast du dein Haus nicht z.T " auf Pump" finanziert?

Den Escher
1. Juli 2017 - 12.28

E gudden Artikel Här Sold. Mäi leider liesen net genuch Leit d'Tageblatt.

Jeannot E.
1. Juli 2017 - 12.22

Es stimmt nachweisbar, dass die CSV-Finanzminister sich immer und systematisch solcher "Mauer"-Prognosen bedienten, um eine salariasfeindliche Politik als notwendig und daher "annehmbar" anzubieten. Damit verlor sie bei den getäuschten Angestellten nichts, und gewann die Symathien des kleinen und grossen Patronats. Geschickt gemacht!

armand
1. Juli 2017 - 11.51

dann sollte der ogbl auch konzequent sein. man unterstützt eine regierung die ein budget auf pump (steuerreform) und prognosen (1.2 mill einwohner20??) aufstellt?? das ist rosinenpickerei.

Jacques Zeyen
1. Juli 2017 - 11.39

CSV - damit der Jesuit wieder die Kontrolle über das Kind bekommt, weil die Eltern scheinbar unfähig sind " Werte " zu vermitteln, und dem Staate den Mann(Frau) wieder zur Verfügung stellt. Brav und gefügig. Das Spiel mit der Angst beherrscht man sehr gut- " Maach ewéi d'Leit, dann geet et dir ewéi de Leit".

MartaM
1. Juli 2017 - 11.30

Prognosen mag ich nicht, diese sind meistens falsch oder irreführend.In Bezug auf die Renten und dies im Interesse zukünftiger Generationen sollte die heutigen Politiker mit Weitsicht agieren und zwar die Rentenbeiträge in Wohnungen investieren, diese zu sozialen Preisen vermieten und so weiterführend die Renten auf gutem Niveau zu halten.

De Realist
1. Juli 2017 - 10.38

Oder: vielleicht sehnt man sich schon ab 15. Oktober nach ihr.

Rosch
1. Juli 2017 - 10.07

Den verfügbaren Spielraum sollte die Dreierkoalition umso schneller nutzen, denn nach dem 14.Oktober 2018 spricht keiner mehr von ihr.

Jean Bodry
1. Juli 2017 - 10.02

Kabesmatsch , ass geféierlech fir Blähungen ze kréien! Mer sinn domadder grouss ginn! Eng Mettwurscht fir de Papp, an déi aner war fir Mamm an Kanner! An de Speck huet de Papp mat op Schaf geholl! Mer sollen dat net vergiessen

Emile F.
1. Juli 2017 - 9.17

Sehr richtig Herr Sold. Roeltgen hat recht, und Sie auch. Den verfügbaren Spielraum sollte die Dreierkoalition umso schneller nutzen, weil die CSV das Land ja wieder auf Austeritätskurs bringen will. Argumente dafür lassen sich in den Progrnosen immer finden.