Nichts als Streit

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Am Luxemburger Nationalfeiertag hatten die Briten vor rund zwei Jahren für den Brexit gestimmt. Wer in den Jahren zuvor die Berichterstattung über Europa in den Medien Großbritanniens verfolgt hatte, der wurde nicht wirklich überrascht. Kaum jemand wagte es, sich als Pro-Europäer zu outen. Mit Europa-skeptischen Parolen wurden Wahlen gewonnen.

Während vieler Jahre lief das gut. Nach den Wahlen übten sich die Regierungen in Pragmatismus und arbeiteten – mehr oder weniger konstruktiv – mit Europa zusammen. Doch diese Routine wurde vom ehemaligen Premierminister David Cameron gebrochen. Er ermöglichte das Referendum. Dann passierte, was passieren musste … und heute hat die ehemalige Weltmacht ein gewaltiges Problem. Quer durch alle politischen Parteien herrscht Streit. Im Land ist man sich absolut nicht einig darüber, welche Richtung eingeschlagen werden soll. Auf dem Kontinent wird die Debatte belächelt – und es wird sich mit anderen Themen beschäftigt.

Zudem gab es nach dem Referendum in Großbritannien plötzlich Menschen, die sich ganz offen für eine EU-Mitgliedschaft einsetzten. Die Erkenntnis, dass die Brexit-Befürworter vor allem leere Parolen boten, setzte sich bei vielen Menschen durch. Auch bemerkten viele Menschen, dass die EU für mehr steht als nur für einen Tsunami an Regeln und Normen. Am zweiten Jahrestag des Brexit-Referendums waren Zehntausende Befürworter der britischen EU-Mitgliedschaft in London auf den Straßen. Sie wünschten sich ein zweites Referendum über den Ausgang der laufenden Verhandlungen.

Auch die Brexit-Befürworterin Theresa May hat ihren Ton mittlerweile geändert. Die Premierministerin hat eine Freihandelszone nur für Waren vorgeschlagen und dafür die langfristige Einhaltung von EU-Standards in Aussicht gestellt. Bei Dienstleistungen und Freizügigkeit will Großbritannien nach dem EU-Austritt jedoch stärker selbst bestimmen. Ihre Vorschläge seien voll im Einklang mit dem Ergebnis des Austritts-Referendums, behauptet sie. Es gehe darum, die Freizügigkeit mit der EU, die Überweisungen nach Brüssel und etwa die gemeinsame Landwirtschaftspolitik zu beenden.

Mit diesen Überlegungen sind Hardliner wie die mittlerweile zurückgetretenen Boris Johnson (Außenminister) und David Davis (Brexit-Minister) nicht einverstanden. Der Plan der Premierministerin für eine enge Beziehung zwischen Großbritannien und der EU nach dem Brexit „läuft auf den Status einer Kolonie hinaus“, unterstrich beispielsweise Boris Johnson. Der Brexit hätte eine Gelegenheit sein sollen, Dinge anders zu machen. Dieser Traum sterbe nun jedoch. Und so ganz unrecht hat der ehemalige Außenminister nicht: Laut dem vorliegenden Plan würde Großbritannien Souveränität abgeben – und europäische Regeln und Normen einfach übernehmen. Das geht gegen die Ehre.

Dass das Land vor dem Brexit bei all diesen Themen ein Mitspracherecht hatte, vergessen die Hardliner. Aber der Brexit war eh nur eine populistische Schnapsidee. Wer einen Blick auf die Weltkarte wirft, der erkennt sofort, dass das Land ein Teil Europas ist.