Herzenswunsch: Die Demagogen tun, was „das Volk“ von ihnen verlangt

Herzenswunsch: Die Demagogen tun, was „das Volk“ von ihnen verlangt
Nigel Farage, ehemaliger Vorsitzende der EU-kritischen Partei UKIP

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Wenn man sich die Rhetorik der radikalen Brexiteers so anhört, fühlt man sich zusehends an jene Sorte Mensch erinnert, die noch vor wenigen Generationen die Völker Europas zum Krieg gegeneinander aufhetzte.

Leute wie Rees-Mogg oder Mark Francois sind der Ansicht, dass Großbritannien durch mehrere Jahrzehnte unter dem „Joch der EU-Diktatur“ völlig degeneriert und verweichlicht sei.

Und um dies zu beheben, muss die Nation erst einmal durch das Brexit-Tal der Tränen wandeln, bevor sie sich nach bestandener Prüfung, nach Erniedrigung, Demütigung und Verarmung erneut zu wiedergefundener nationaler Größe erheben kann.

Wie granzten die Bopen und Bomen früher: „Et misst emol erëm e fatzege Krich kommen, da géif hinnen den Eefalt scho vergoen.“

In einer Kolumne für die Londonder Tageszeitung The Guardian hat Martha Gill diese beknackte, aber brandgefährliche Fraktion der Brexiteers als „Brincels“ bezeichnet. Abgeleitet von „Incels“, also jenen Männern, die aus schierem Frust darüber, dass sie nie eine abbekommen haben, zu völlig kranken Frauenhassern werden.

Der Zynismus von Leuten wie Rees-Mogg, Farage oder Johnson löst zusehends Brechreiz aus. Diese Typen sind allesamt mit einem persönlichen Vermögen (ererbt und/oder geklaut, aber wohl kaum redlich erarbeitet) gesegnet, das sie von den vermutlich desaströsen wirtschaftlichen Konsequenzen eines Hard Brexit zuverlässig isolieren wird. Ihre Kohle haben sie, als gute Globalisten, ohnehin mit großer Wahrscheinlichkeit zu großen Teilen offshore gebunkert, wo ihnen die allfälligen Auswirkungen des gesellschaftlichen Elends, das ihre Politik zu provozieren droht, nichts anhaben kann.

Aber wie ist es denn möglich, dass ein großer Teil des Wahlvolkes einer der höchstentwickelten Nationen der Erde solchen Rattenfängern blind in ihr eigenes Verderben folgt?

Die Antwort ist denkbar einfach, wenn auch nicht unbedingt erfreulich: Ein nicht unerheblicher Teil des „Volkes“ ist runkelrübendumm. Und wird mit jeder Minute, die es in den asozialen Medien verbringt, noch rettungslos blöder.

Die Brexit-Propaganda hat bewiesen, dass keine Lüge zu grob gestrickt ist, als dass man sie nicht an „das Volk“ (als das die Borniertesten und die Ahnungslosesten in den asozialen Medien sich und ihresgleichen so gerne zu bezeichnen pflegen) verfüttern könnte.

Längst wurden die meisten Versprechen der Brexiteers als Märchen bloßgestellt. Doch das kümmert „das Volk“ (das sich übrigens keineswegs bloß aus den Reihen der Besitzlosen rekrutiert!) nicht.

Denn „das Volk“ will betrogen sein. Und die Demagogen tun nichts lieber, als ihm diesen Herzenswunsch zu erfüllen.

rowo
11. April 2019 - 14.23

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Cornichon
10. April 2019 - 18.14

Zitat Spiegel.de: Jeder hat das Gefühl, die Welt kreise um ihn, seine Meinung ist wichtig, seine Bewertung kann Restaurants ruinieren, sein Kommentar demütigt Politiker, seine Krankheit - die einmaligste, er hat das nachgesehen, der Mensch, er kann alles, der Mensch, er hat Tutorials gesehen, Klimawechsel - schon begriffen. Cern - alles klar, Magenoperationen. Kann er selber. Komm mal her, Gertrud. Gertrud ist jetzt tot. Aber online lebt sie weiter.

pierre Wollscheid
10. April 2019 - 14.11

Es ist nicht Farage oder Johnson die das angefangen haben. Es war ein ganz liberaler Namens Cameron nur um wiedergewählt zu werden denn Ausgang kennen wir vieleicht oder doch nicht Dann kammen erst die Farage und die Johnson die haben auch nicht den Mut dieses zu steueren darum ist Frau May jetzt am Zug, und muste dieses ungeliebte Schiff steuern Und wass machen wir Europäer Kniebeuge auf Kniegeuge wie einst bei Thatscher es ist doch so wie unser Ausseminister sage das mit der Zahnpasta Aber machen wir uns nichts vor es geht nur ums Geld darum knicken die Frau Merkel und Herr Macron dann auch ein, um das Fussvolk kümmert sich doch keiner. Vieleicht ein nächstes Reverendum

GuyT
10. April 2019 - 12.54

Was ist dann der Umkehrschluss: Politiker sollen nicht das tun was die Wähler von ihnen verlangen. Oder die Wähler sich schlau genug um die Politiker auswählen zu dürfen oder zu dumm um zu wissen was für sie gut ist. Alle wollen hier scheinbar von einer Elite (wer bestimmt diese denn?) regiert werden, ohne die das dumme Volk zu befragen. Selbstverständlich scheint mir auch eine Verbleib der Briten in der EU die beste Lösung für uns und die Briten. Nervig ist auch jedoch, dass man den Brexitbefürworter teilweise mit der dunkelsten Gestalten der Geschichte assimiliert. Ja, Brexit wurde mit vielen falschen Versprechen verkauft, aber die Briten wurden über die Presse mit gegensätzlichen Pro-Contra versorgt. Zudem wird jedes politische Projekt mit Halbwahrheiten schmackhaft gemacht. Beim Referendum 2015 haben die Wähler laut Presse und Politiker ja auch extrem falsch und dumm gewählt. Die Politiker hatten aus ihrer Blase den Wählerwillen falscht eingeschätzt und dürften daraus die Lektion gezogen haben , dass man direkte Bürgerbefragung ala Schweiz doch lieber nicht mache solte. Wer die Entscheidung der Wähler nicht respektiert ist ein Antidemokrat, da hilft auch kein Phrasendreschen oder ein Griff in die Geschichte.

objektiv
10. April 2019 - 11.31

Dat Ganzt ass einfach trauereg vun béiden Seiten. Et huet kee méi Courage eng Décisioun ze huelen.

Jek Hyde
10. April 2019 - 11.24

Absolut, 100% richteg. E supergudden Artikel. Gratulatioun!!

J.C.KEMP
10. April 2019 - 11.22

Aber genau der versprach seinen Wählern doch auch, das Reich wieder gross zu machen, und sie folgten ihm. Fällt hier nicht eine gewisse Ähnlichkeit zu rezenten Geschehnissen auf, wo wieder so einer gewählt wurde? Auch die Farage & co lockten den Wähler mit diesen Versprechen.

J.C.KEMP
10. April 2019 - 11.18

Vielleicht sollten die Wähler mal erwachsen werden und das von der Politik verlangen und erwarten, was auch machbar ist. Statt 'Demagogen' würde ich hier jedoch eher von Populisten sprechen. Denn genau das macht der Populist, dem Volk versprechen, dass man das tun wird, was Populus verlangt.

Jacques Zeyen
10. April 2019 - 9.47

Bravo. Genau richtig. Schon Plato wollte "nur" Philosophen in der Regierung wissen,weil er dem "Otto" aus dem Volke das nicht zutraute. So können sich Nasen wie dieser Farage mit Dummschwätzerei zu populären Ikonen aufschwingen.Schon das Brexit-Votum gibt Auskunft über die Gefahr der Demokratie,wenn Wähler dümmer sind als erlaubt. Abstimmen ist eine mächtige Waffe in der Demokratie,man sollte sie richtig anwenden. Der gesamte "braune Mist" der zur Zeit über Europa schwappt hat ausser Volksverhetzung nichts anzubieten.

Mephisto
10. April 2019 - 9.14

Nichts mehr ist verwunderlich seit vor etwa 90 Jahren das Volk der Dichter und Denker einem dahergelaufenen Taugenichts nachlief der nichts anderes konnte als Hass verspruehen . Und wohin diese erbaermliche Figur das Land dann " fuehrte "ist doch bekannt.

Pierre
10. April 2019 - 9.13

TOP !!!!!!!!

rene reichling
10. April 2019 - 8.47

wonnerbar geschriwen.do gett et elo wahrscheinlech vill leit dei jeitzen mee bekanntlech deet d'wouerecht wei.

Epikur
10. April 2019 - 8.40

Die Demagogen wollen tun, was das Volk von ihnen verlangt. Wenn sie dank ahnungslosen Wählern an der Macht sind, müssen sie feststellen, dass ihre Wahlversprechen wegen der Grenzen der Realpolitik gar nicht realisierbar sind.