Feind und Nachbar

Feind und Nachbar

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Wo die Angst ist, ist der Krieg nicht weit. Und wo der Krieg ist, wird die Angst umso größer. Über 7.500 Kilometer zieht sich von Mali bis nach Pakistan ein Krisengürtel durch die vor allem muslimische Welt. Von der Mitte her implodiert sie am stärksten. Im Mittleren Osten, etwa in Syrien, Irak oder Jemen, sind Gewalt und Krieg am offenkundigsten. Große Teile Libyens befinden sich in einem Zustand der bewaffneten Anarchie.

Wurde die arabische Welt vor einem halben Jahrhundert noch von säkularen Staaten geprägt wie Ägypten, Jemen, Syrien, Irak und Iran, haben die Golfstaaten in den vergangenen 20, 30 Jahren die Deutungshoheit übernommen. Aus Ölreichtum wurde politische Macht. Seitdem exportieren sie neben Rohstoffen ihre reaktionäre Form des Islam, den Wahhabismus. Bei 1,8 Milliarden Muslimen auf der Welt beeinflussen sie damit fast ein Drittel der Weltbevölkerung direkt.

Das gilt auch für die schiitisch geprägten Staaten und zuvorderst für den Iran. Jeder fühlt sich vom anderen bedroht. Der Iran von der Allianz aus Saudi-Arabien, den USA und Israel, die das Atomabkommen sprengen wollen, das dem Iran den Weg zurück auf die Weltbühne ebnen soll. Saudi-Arabien von einem Iran, der seit der islamischen Revolution 1979 seine Machtansprüche in der Region auch mit militärischem Nachdruck zementiert. Israel, das umgeben ist von Ländern, in denen große Teile der Bevölkerung dem Land das Existenzrecht abstreiten. Die Stabilität im Libanon oder in Jordanien hängt am seidenen Faden. Der Irak ist seit bald 15 Jahren und der völkerrechtswidrigen Militäroffensive vor allem der USA völlig zerrissen. Syrien liegt seit sieben Jahren am Boden, ohne dass irgendjemand auch nur daran denken würde, aufzuhören, es weiter zu treten.

All das sorgt für noch mehr Angst. Nicht zuletzt beim Nachbarn Türkei. Deren Präsident Erdogan lässt den von Kurden verwalteten Kanton Afrin im Nordwesten Syriens seit Tagen aus der Luft bombardieren. Am Boden kämpfen für die Türken vor allem islamistische Dschihadisten-Freischärler. Ein von Kurden autonom regiertes Gebiet in Syrien ist für einen autoritären Herrscher wie Erdogan ein gefundenes Fressen. Kommendes Jahr sind Wahlen im Land. Nun kann er den Hebel an der Angst seiner Bürger ansetzen. Seit Jahrzehnten herrscht ein türkisch-kurdischer Bürgerkrieg mit fast 40.000 Toten in der Türkei selber (den Erdogan fast befriedete, um ihn kurz darauf wieder zu befeuern, als die Kurden sich weigerten, seinen politischen Größenwahn mitzutragen). Trotzdem ist es die Angst der Türken vor kurdischem Terror – ob begründet oder nicht –, die sie Erdogans Krieg gegen die Kurden zustimmen lässt.

Doch ist bei Weitem nicht gesichert, dass der völkerrechtswidrige Angriff Erfolg haben wird. Das Terrain ist unwegsam, der militärische Widerstand erheblich. Eine Niederlage kann Erdogan sich nicht erlauben. Sie würde sein Ende bedeuten.

Dann hätte die Angst eines Regimes, das seine Macht mit der Angst seiner Bürger füttert, zu ihrem eigenen Untergang geführt – wie eine Schlange, die sich vom Schwanz her selber auffrisst.

Wer jetzt auf ein solches Szenario hofft und Erdogan lieber heute als morgen von der Bildfläche hätte – was bei den Gräueln, die er durch sein Land und in die Welt trägt, ein auf den ersten Blick durchaus reizvoller Gedanke sein mag –, sollte wissen, dass dies ein Vakuum hinterlassen könnte. Ein Chaos wie in Syrien wäre nicht auszuschließen – dann allerdings an einer EU-Außengrenze. Auch dieses Szenario wäre Erdogan zulasten zu legen, den Schaden aber hätten andere. So oder so, der Mann richtet gerade sein Land herunter. Da kann man Größenwahn drin lesen. Oder Angst. Und manchmal gehen beide Hand in Hand.

den jemp
2. Februar 2018 - 7.51

d'Türkei huet einfach kee Recht fir mat dem Virwand Kurdesch Terroristen ze bekämpfen,einfach an een anert Land anzemarsche'eren.Dat ass einfach nemmen Expansiounspolitik à la Adolf Hitler.Den ass och an d'Tschekoslowakei amarsche'ert fir souzesoen Sudendeutsche ze schützen.An den Erdogan ass fir mech einfach nemmen en Despot den et ze stoppen get.Ausserdem wann hien d'Geschicht kennt,muss hien wessen dass een Despot fre'er oder speider um Enn ass an seng Verbriechen bezuelen muss....

Scholnier
1. Februar 2018 - 14.53

Bitte hören Sie doch auf mit der türkischen Propaganda. Ein Despot wie Erdogan ,der Menschenrechte,Pressefreiheit mit Füßen tritt, die Kurden terrorisiert hat jegliche Sympathie verspielt. Ein Osmanisches Reich wie vor 1919 wird es nicht mehr geben, die Arabischen Stämme werden sich auch diesmal zu wehren wissen.

armand
1. Februar 2018 - 11.44

mein lieber namensvetter, ich kann Ihnen nur zu 100% recht geben. "Israel, das umgeben ist von Ländern, in denen große Teile der Bevölkerung dem Land das Existenzrecht abstreiten" das ist nun mal der hauptgrund der ein abkommen verhindert. nur der jang hat das noch nicht verstanden.

Hueseyin Akdag
1. Februar 2018 - 9.51

Ich muss Sie leider darauf hinweisen, dass es sich nicht um islamistische Dschihadisten-Freischärler handelt. Sondern um Freie Syrische Armee, in dieser Armee sind keine Dschihadisten-Freischärler vorhanden. Bei dieser Armee handelt sich um, syrische Staatsbürger die unterschiedliche ethnische Herkunft (turkmene, araber, ayssyrer, ja sogar kurden die vor dem kurdischen Terror geflohen sind), unterschiedliche Religion (christe oder muslime) und unterschiedliche Konfession (schiitisch, sunnitisch oder alevätisch) besitzen. Was diese Menschen vereinigt, ist der Kampf gegen den Machthaber Assad u. natürlich gegen die kurdische Terrororganisation. Das Ziel der Freien Syrische Armee ist es, die Terrororganisationen wie die pyd/ypg, IS-Miliz u. Assad Soldaten zu besiegen. Damit die Flüchtlinge (Ihre Familien) wieder zurück in Ihre Heimat können. Auch macht es der Staatspräsident Erdogan nicht wegen den bevorstehenden Wahlen, sondern es war im wahrsten Sinne des Wortes 5 vor 12. Die kurdische Terrororganisation nistete sich immer mehr zu der Grenze der Türkei. Vertrieben andere ethnien wie die Turkmenen, Araber,..etc. damit eine homogene Bevölkerung aus kurden entsteht. Somit wäre der Grundstein für Ihr pseudo Kurdistan gelegt. Für die grossen Flüchtlingsströme vor 2 Jahren waren diese kurden in syrien verantwortlich. Ein weiterer Grund ist, die finanzielle hohe Belastung für die Türkei, welches bis zu 4 millionen Flüchtlinge aufgenommen hat und versorgen muss. Diese wollen wieder in die Heimat zurück. Was man als fälschlicherweise türkisch-kurdischer Bürgerkrieg in der Türkei bezeichnet, ist aber richtigerweise die Bekämpfung der Terrororganisation pkk. Welches seit über 30 Jahren blutige Anschläge in der Türkei verübt, ohne Rücksicht auf zivile türkische oder kurdische Verluste. Die pkk versucht offen Landraub an der Türkei zu begehen. In weiten Teilen der Türkei leben, wohnen u. heiraten miteinander aber die Türken u. kurden. Allein in Istanbul leben friedlich ca. bis 1 million kurden. Auch ist es falsch, dass der Waffenstillstand zwischen der Türkei u. der pkk, durch Erdogan gebrochen wurde. Korrekt ist, dass in der Provinz Sanliurfa, Stadt Suruc eine linke Demobewegung durch einen IS-Attentäter (Selbstmordanschlag) in die Luft gesprengt wurde. Daraufhin hat die kurdische Terrororganisation pkk, den Waffenstillstand gebrochen u. wieder mit blutigen Anschlägen in der Türkei begonnen.