Der einfache Gang

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(Alain Rischard/editpress)

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Amüsante Koalitionsspiele

Es gibt Menschen, die können den richtigen Zeitpunkt einfach nicht abwarten. Sie setzen sich unnötigerweise unter Druck, statt die Energie konstruktiv für aktuelle Projekte zu nutzen. Zweieinhalb Jahre trennen uns von den Parlamentswahlen – weniger, sollten wir erneut eine Regierungskrise wegen eines Skandals à la SREL erleben. Aber das ist eher unwahrscheinlich. Das aktuelle Dreiergestirn ist nicht so lange an der Macht, als dass es schon die eine oder andere Leiche im Keller hätte verbergen können.

Trotz einer gefühlten Ewigkeit bis zu den Parlamentswahlen werden bereits mögliche Koalitionsmuster gezeichnet. Die CSV gehört automatisch dazu, sozusagen als unverzichtbares Fundament, auf dem die neue Regierung aufgebaut wird. Gestützt wird sich auf die Ergebnisse der rezenten „Sonndesfro“-Umfrage von TNS fürs Tageblatt. Der Januar-Ausgabe zufolge würde die CSV 27 Sitze bekommen, die Dreierkoalition nur noch 24. Eine Neuauflage der aktuellen Regierung wäre arithmetisch nicht mehr möglich. Der CSV bliebe demnach die Qual der Wahl, wen sie ins Regierungsbett reinlassen würde. Ist es die ADR? Sind es „déi gréng“, die DP oder die LSAP? Die zwei Letzten trotz der angesagten Stimmenverluste in der „Sonndesfro“?

Koalition ausgeschlossen

Die CSV-Spitze schloss eine Koalition bereits aus. Die ADR, jene Partei, die Ex-Premier Juncker von der politischen Bildfläche verscheuchen wollte, ist nicht salonfähig. Allzu scharf fiele die Wende nach rechtskonservativ aus. Die aktuellen Schnittmengen zwischen der CSV und der ADR seien sehr gering, wenn nicht sogar inexistent, meinte CSV-Präsident Marc Spautz in einem rezenten Wort-Interview. Der LSAP dürfte man den „Verrat“ von 2013 noch nicht verziehen haben. Als solchen hat der gestürzte Premier die Entscheidung der LSAP bezeichnet, wegen der SREL-Affäre den sauberen Weg von Neuwahlen zu beschreiten.

Bleiben also nur noch die DP und „déi gréng“. In dieselbe Richtung denken durchaus ernst zu nehmende Akteure aus der CSV-Truppe, die beim diesjährigen „Dräikinneks“-Treffen zusammensaßen. Sie starteten eine Art Umfrage über mögliche Schnittmengen zwischen anderen Parteien und der CSV. Auf dem Vordruck sind neben dem Orange-Team lediglich die DP und „déi gréng“ vermerkt.
Diese vorgezogenen Koalitionsspiele wären an sich kaum eines Kommentars würdig, wären da nicht die ernsten wirtschafts- und sozialpolitischen Probleme, denen sich das Land auch in den kommenden Monaten stellen muss. Und so muss sich der staunende Wähler in seinem Vorurteil bestätigt sehen, dass es in der Politik doch nicht um seine Interessen geht, sondern sich alles ausschließlich um die Pfründe der politischen Akteure dreht.

Mit dieser Einschätzung dürfte er im vorliegenden Fall richtig liegen. Die durch die „Sonndesfro“ genährten Koalitionsspekulationen würde man in Frankreich als „politique politicienne“ bezeichnen. Das ist der Fall, wenn Politiker in ihren Auftritten ihre eigene Person und die ihrer Berufskollegen in den Mittelpunkt der Debatte rücken, statt sich der Sache der Allgemeinheit, der Bevölkerung, anzunehmen.
Dass man sich lieber mit derlei in fine banalen Personalfragen als mit Inhalten beschäftigt, ist verständlich, weil es einfacher ist. In der Tat sind heute komplexe Antworten auf komplexe Fragen notwendig, die über das Verwalten des politischen Tagesgeschäfts hinausgehen. Und diese Antworten hat offensichtlich auch eine CSV nicht parat.