Durst nach Energie

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Auch China entdeckt nun den Umweltschutz. Die neue Pekinger Führung scheint zu realisieren, dass man den Lebensstandard der Massen nicht um den Preis einer weitgehenden Zerstörung der Natur, insbesondere der Vergiftung von Luft und Wasser, erkaufen kann.

Denn wenn wie in jüngster Zeit die Luft über Peking so gründlich versaut ist, dass an ein normales Leben für die Menschen dort nicht mehr zu denken ist, was nützt es dann, dass sich immer mehr Menschen Flachbild-TVs, Autos und Smartphones leisten können?

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Die stabile Versorgung der werktätigen Massen mit Konsumgütern ist natürlich auch für die Stabilität des KP-Regimes nicht ohne Bedeutung. Doch ohne halbwegs gesunde Umwelt kann keine Volkswirtschaft auf lange Sicht wachsen und gedeihen. Durch die frenetische Steigerung des Bruttosozialprodukts ohne Rücksicht auf Verluste sägen Chinas Machthaber letztendlich auch an dem Ast, auf dem sie selber sitzen.

Schiefergas: Fluch und Segen

Chinas ständig wachsender Energiehunger ist indes nur schwer auf umweltverträgliche Art und Weise zu stillen: Der Ausbau der Atomenergie ist in einem Land, von dem große Teile stark erdbebengefährdet sind, nicht unbedingt das Wahre. Einmal davon abgesehen, dass in China das Problem der sicheren Endlagerung genauso wenig gelöst ist wie im Rest der Welt.

Des Weiteren erweist sich die massive Verfeuerung von weltweit reichlich vorhandener Steinkohle als Gift fürs Klima (verehrte Skeptiker: Vorwärts! An eure Tastaturen!). Und Steinkohle ist nun mehr denn je auf dem Weltmarkt verfügbar, seitdem immer mehr US-amerikanische Kraftwerke Kohle durch Schiefergas ersetzen. Das Zeug gibt es – dank „Fracking“ – neuerdings in Hülle und Fülle, so dass z.B. die einst inländisch eingesetzte Kohle aus dem Powder River Basin in Wyoming und Montana nun für den Export u.a. ins Reich der Mitte verfügbar ist.

Dadurch wird, wie man gleich erkennt, das Problem der Kohleabgase aber nicht gelöst, sondern bloß in eine andere Weltregion verlagert.

Der wiedergewählte Obama hat aber nun auch in der Umweltpolitik die Chance, eine Wende zum Besseren durchzusetzen.

Dass nun die USA und Kanada demnächst im Bereich der Öl- und Gasversorgung autark sein könnten, ja Erstere sogar zu einem der großen Gasexporteure der Welt aufsteigen könnten, wird die US-Bürger, die so ziemlich die schlimmsten Energieverschwender unter der Sonne sind, nun leider auch nicht unbedingt zu einer verantwortungsvolleren Haltung motivieren.

Der Gasboom hat immerhin aber nun eine positive Konsequenz: Mais soll endlich wieder dazu dienen, mexikanische Tortillas herzustellen, anstatt die Tanks heillos versoffener Yankee-SUVs mit Agrofuel zu füllen.