Durchwursteln durch die Krise

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Das Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs vergangene Woche dokumentiert in eindrücklicher Weise, wie sich die 27 zuweilen durch die Finanz- und Wirtschaftskrise durchwursteln.

Dabei ging es hauptsächlich um den ersten Teil der seit vergangenem Juni von allen gewünschten Bankenunion, die wiederum Teil einer tiefergehenden Wirtschafts- und Währungsunion in der Europäischen Union sein soll. Gestritten wurde darum, wie schnell eine gemeinsame einheitliche Bankenaufsicht geschaffen werden kann. Beim EU-Gipfeltreffen im Juni war zwar vereinbart worden, dass diese bereits Ende des Jahres funktionieren sollte.

Guy Kemp gkemp@tageblatt.lu

Das Unterfangen erweist sich aber als komplizierter als angenommen, so dass die Beteiligten froh sind, wenn sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt einen rechtlichen Rahmen haben, auf den sie die neue zentrale Aufsichtsbehörde aufbauen können. Im fünften Jahr der Banken- und Finanzkrise sind wir also so weit: Die Europäer geben sich eine gemeinsame Aufsicht für ihre Banken. Dem ersten Wurf wird damit scheinbar misstraut. Denn vor zwei Jahren war bereits eine Europäische Bankenaufsichtsbehörde – neben einer Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen sowie den Handel mit Wertpapieren – geschaffen worden. Also wird wieder von vorne begonnen. Und da die bestehenden Behörden vermutlich beibehalten werden, dürften die Dinge wohl an Komplexität zunehmen.

Bankenrettung wird europäisiert

Die neue Aufsichtsbehörde ist sicherlich sinnvoll. Doch der vordergründige Zweck ihres Zustandekommens ist ein anderer. Denn an die Schaffung der einheitlichen europäischen Bankenaufsicht ist die Möglichkeit gekoppelt, schwächelnde Finanzinstitute mit Geldern aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM zu retten. Dieser ist zwar eingerichtet worden, um in Finanznöte geratenen Euro-Staaten unter die Arme zu greifen. Doch der Fall maroder spanischer Banken brachte die europäische Politkaste auf die Idee, die Hilfe für die glücklosen Banker zu europäisieren.

Denn in Irland hat sich gezeigt, dass der Staat sehr schnell seine finanziellen Möglichkeiten aufs Gefährlichste überschreitet, wenn er für die Fehler der Manageretagen in den Geldhäusern geradestehen muss. Damit also nicht mehr einzelne Euro-Staaten in die Bedrouille geraten, wenn sich wieder einmal die Abteilung der Zocker in dem einen oder anderen Finanzinstitut vertan hat, springt Europa als Ganzes ein. Ohne dass gleich der Schuldenstand des betreffenden Landes in die Höhe schnellt. Wohl wurde der ESM ersonnen, um auch dann einzuspringen. Doch soll durch den verschärften Stabilitätspakt mit noch schneller einsetzenden Sanktionen, den Fiskalpakt, das Europäische Semester und noch so manche Regel mehr die Rettung von Euro-Staaten in Zukunft vermieden werden.

Allerdings scheint der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble diesem in den letzten Jahren aufgebotenen Kontroll- und Überwachungsarsenal für die Haushaltspolitik der Euro-Staaten nicht so recht zu trauen. Er schlug daher vor, dass ein europäischer Superkommissar das letzte Wort über die Budgets in den Hauptstädten haben soll.

Da wären wir doch gespannt, was im deutschen Bundestag los wäre, wenn ein von EU-Beamten angestachelter Kommissar den deutschen Haushaltsplan mal eben für anfällige Korrekturen wieder zurück nach Berlin senden würde, mit dem Vermerk: Bitte nachbessern. Vermutlich würden, wie 2005 mit dem Stabilitätspakt geschehen, als Deutschland und Frankreich mehrmals die Defizitgrenze rissen, die Regeln dann wieder etwas aufgeweicht.