D’Schëfflenger Schmelz

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Der 7. Dezember vergangenen Jahres war nass und stürmisch. Dennoch war die Solidarität für die Schmelzarbeiter in der Stammregion der Luxemburger Eisenindustrie beeindruckend.

Mehrere Tausend Menschen nahmen im Rahmen des eintägigen Warnstreiks an den Kundgebungen vor den Werken in Esch, Schifflingen, Differdingen und Rodange teil. Ob das Signal bei der Familie Mittal in London angekommen ist, scheint mehr als fraglich.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Am Dienstag dieser Woche, acht Tage vor der nächsten Stahltripartite, lud das Unternehmen zu einer Pressekonferenz, während der die Luxemburger Manager Wurth und Reuter mit betroffenem Blick verkündeten, sie wüssten, wie schwierig die kurz vorher an den Betriebsrat überbrachte Nachricht für die Betroffenen sei: Das Unternehmen beabsichtige nämlich, die bis dato „vorläufig“ stillgelegten Schifflinger und Rodanger Anlagen nun „auf unbestimmte Zeit“ zu schließen. Weiß man, dass die Betriebsgenehmigungen für den Schifflinger Elektro-Ofen und die Stranggussanlage nach zwei Jahren Stillstand auslaufen und dass eine Inbetriebnahme nach mehreren Jahren wirtschaftlich kaum mehr sinnvoll ist, so scheint das Schicksal der Schifflinger Schmelz besiegelt. Dies, zumal das Unternehmen eigene Prognosen zur Entwicklung der Nachfrage beim Baueisen (wichtiges Schifflinger Produkt) vorlegte, die bis 2017 keinen nennenswerten Aufschwung in dem Bereich ausweisen.

Klar sagen, dass die Schifflinger Schmelz vor dem endgültigen Aus steht, wollten die Geschäftsführer aber offensichtlich nicht. Man mag spekulieren, ob aus Feigheit oder gar aus Scham; wahrscheinlicher scheint allerdings, dass das Unternehmen sich nicht mit Sanierungsforderungen in Millionenhöhe konfrontiert sehen will, die unweigerlich dann kommen, wenn klar ist, dass das riesige Esch-Schifflinger Gelände nicht mehr für industrielle Zwecke genutzt werden wird. Hinzu kommt die symbolische Wirkung einer solchen Schließung; Schifflingen ist immerhin die Wiege der Luxemburger Stahlindustrie, dort wurde erstmals Eisen in industriellen Größenordnungen produziert, lange ehe die Adolf-Emil-Hütte vor 100 Jahren auf Belval errichtet wurde.

Dass weitere heftige Sozialkonflikte eher mit schwindenden Belegschaften zu bewältigen sind, wissen die indischen Entscheidungsträger ohnehin. Die jüngsten Erfahrungen in Florange lassen grüßen. So wird dann wohl weiter abgebaut, bis nichts mehr von der einst stolzen Schifflinger Schmelz übrig sein wird.

Bei der anstehenden Stahltripartite (28. März) wird es im Zusammenhang mit Schifflingen und Rodange hauptsächlich um die soziale Abfederung gehen bzw. um die Fortsetzung des Lux-Abkommens (jetzt Lux 2015), das u.a. garantiert, dass überschüssige Beschäftigte in die staatlich gesponserte CDR („Cellule de reclassement“) aufgenommen werden.

Allerdings deutete ArcelorMittal auch an, dass im Esch-Belvaler Werk eine größere Investition ansteht. Die Summe von 200 Millionen Euro (verteilt auf mehrere Jahre) steht im Raum. ArcelorMittal-Sprecher Reuter nannte die Summe aber nicht im Rahmen der Pressekonferenz, sondern erst danach, also während des weniger verbindlichen Teils. Bislang wurde diese Investition nirgends schriftlich festgehalten, so dass abzuwarten bleibt, ob diese Chance für Belval keine Schimäre ist. Da während der Stahltripartite auch über den künftigen Industrieplan des Unternehmens diskutiert werden wird, bringt die kommende Woche hier vielleicht Klarheit.

Ein letzter Hoffnungsfunken

Bezüglich Schifflingen beließ der OGBL es aber nicht allein beim Protest. Die Gewerkschaft hat eine Studie ausarbeiten lassen, die zeigt, dass ein wirtschaftliches Überleben des Standortes mit relativ geringen Investitionen möglich ist, vorausgesetzt, der entsprechende Wille ist da.

Das Dokument wird zurzeit vom Wirtschaftsministerium geprüft (Audit) und dürfte wohl ebenfalls in nächster Zeit auf den Tisch kommen.

Ob sich die kühlen Rechner der indischen Milliardärsdynastie von dieser Argumentation überzeugen lassen, bleibt allerdings mehr als fraglich.