Dreimal kräht der Hahn

Dreimal kräht der Hahn

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Da hat Octavie Modert es den Diekirchern aber so richtig gegeben: Hatten diese sich doch erdreistet, einen zwar schmucken, aber den Vorstellungen der ansonsten durch innovative Dynamik eher wenig auffallenden Ministerin offensichtlich nicht entsprechenden Esel anstelle eines Hahns auf der zwar nicht mehr sakral genutzten, architektonisch aber einem katholischen Bethaus nicht unähnlich sehenden alten St.-Laurentius-Kirche anzubringen.

Was daraufhin entbrannte, würde sich problemlos zu einem Filmchen über Don Camillo und Peppone verarbeiten lassen. Die ellenlangen Erklärungsversuche, weshalb die Kulturhistorie einen Esel auf einem Gotteshaus nicht erlaube, hörte sich der rote Bürgermeister geduldig an und entschied: „Der Esel bleibt“.

Recht hat er: Das im 6. oder 7. Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung, also zur Merowingerzeit entstandene Bethaus war ursprünglich ein römisches Lagergebäude, das in sieben Bauphasen zu einer Kirche umgebaut wurde. Überreste einer Hypokaustanlage (römisches Heizungssystem) sind noch in der archäologischen Krypta des Gebäudes, in der auch Merowinger- und römische Steinsärge erhalten sind, zu sehen.

Weshalb sich also nicht auf die Römer berufen, statt auf die katholische Kirche, wie die Kulturministerin es tut?

In ihrer Stellungnahme verweist Modert, die nicht als Spaßbremse gelten möchte, auf den humorvollen Charakter der Eselfigur, lässt sich in ihrer Einschätzung aber nicht beirren. Überall auf der Welt seien Hahn und Fisch Symbole, die katholische Kirchen schmückten.

Da fragt man sich doch spontan: Warum eigentlich nicht Ochs und Esel?

Ein angsteinflößendes Folterinstrument

Oder wie noch am Samstag ein Leserbriefschreiber dies, auf die Evangelien verweisend, verdeutlichte: Maria und Joseph ließen sich von einem Esel nach Bethlehem bringen, das Jesuskind verbrachte seine ersten Tage in der guten Gesellschaft von Esel, Stier und Kuh, auf einem Esel reitend ist der gleiche Jesus der Sage nach Jahre später in Jerusalem triumphal empfangen worden … auf einem Hahn ankommend, wäre ihm diese Begeisterung sicherlich verwehrt geblieben.

Das Kreuz hingegen ist ein angsteinflößendes barbarisches Folter- und Tötungsinstrument seiner Zeit, das eigentlich aus Gründen des Jugendschutzes von allen Kirchtürmen verbannt gehört.

Wie dem auch sei; die Esel- oder Hahnaffäre zeigt eigentlich nur, welch sklerosierten Kulturbegriff die Christlich-Sozialen verteidigen.
Das Drama um einen Esel auf einem römischen Gebäude in einer Stadt, die das störrische, aber nicht unintelligente Grautier zu ihrem Symbol auserkoren hat, stört niemanden; zumal das Tier nur von wenigen Punkten aus überhaupt zu sehen ist.

Dass die plötzlich streitbare Modert sich ausgerechnet mit den Diekirchern anlegt, jetzt, wo die CSV sich als Bauernpartei geoutet hat, kommt im Norden, wo man sich nicht gerne von den hauptstädtischen Notabilitäten bevormunden lässt, nicht sonderlich gut an.

In diesem Fall darf den Diekirchern geraten werden, die Affäre auszusitzen, bis ein neuer Kulturminister für das Tier auf dem Turm zuständig wird, der oder die garantiert eine weisere Lösung im Sinne der Diekircher und des Lokalkolorits finden wird.
Lange wird dies ja nicht dauern.