Die Mission

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Die Welt kann seit Freitag aufatmen: Er möchte auch in einer fünften Amtszeit dem Fußball-Weltverband FIFA „zur Verfügung stehen und dienen“, sagte Joseph S. Blatter, seine „Mission ist noch nicht beendet“.

Ins Detail ging der 78-Jährige freilich nicht. Um welche große Mission es sich also handelt, darüber kann zum jetzigen Zeitpunkt nur spekuliert werden. Eine Weltmeisterschaft in Grönland vielleicht? Oder aber der Börsengang der FIFA?

Philip Michel pmichel@tageblatt.lu

Seit 1998 ist Blatter Chef des mächtigsten, weil reichsten Sportverbands der Welt. Seine Amtszeit ist gepflastert mit Skandalen, die dem weltweiten Herrscher über den Fußball, abgesehen von einem angekratzten Image, nie etwas anhaben konnten. Bereits seine Wahl 1998 war von Korruptionsvorwürfen überschattet. Genau wie seine späteren Wiederwahlen. Absoluter Höhepunkt bisher ist die unglaubliche Doppel-WM-Vergabe an Russland und Katar. Die wird momentan von der sogenannten Ethikkommission um den früheren US-Bundesstaatsanwalt Michael Garcia untersucht. Die Ethikkommission schuf Blatter, nachdem der öffentliche Druck ob der vielen Skandale und Skandälchen rund um die FIFA zu groß wurde. Unabhängig soll sie sein, doch gleichzeitig werden Garcia und Co. von der FIFA für ihre Arbeit bezahlt.

Wohl- oder Missetäter?

Beruflich hatte sich Sepp Blatter zunächst als Journalist und PR-Manager versucht. Sein Leben änderte sich radikal, als er 1975 unter dem damaligen Präsidenten João Havelange in den Fußball-Weltverband einstieg.

Havelanges Ziehsohn brauchte lediglich sechs Jahre, um zum Generalsekretär aufzusteigen. Er verdoppelte in seiner Amtszeit das Teilnehmerfeld der Weltmeisterschaft und ließ sich von Adidas-Chef Horst Dassler in die Geheimnisse des Sport-Marketings einweihen. Heute ist eine Fußball-Weltmeisterschaft nichts Weiteres als ein riesiges Werbespektakel.

Blatter selbst sieht sich eher als Wohl- denn als Missetäter. Schließlich ist es hauptsächlich ihm zu verdanken, dass aus einem fast bankrotten Sportverband ein Weltunternehmen mit der Lizenz zum Gelddrucken wurde. Zu Blatters Selbstverständnis gehört auch, dass er sich für einen ernsthaften Friedensnobelpreis-Kandidaten hält. Schließlich hat er die Weltmeisterschaft nach Afrika gebracht. Dass die WM 2010 Südafrika nichts als einen riesigen Schuldenberg einbrachte, ist nicht sein Problem. Von der Weltmeisterschaft am Kap profitierte nämlich neben den Bau-Konsortien vor allem die FIFA. Gleiches gilt für die WM 2014, die in Sachen Marketing ganz neue Maßstäbe setzte. Und die genauso viele weiße Elefanten in Form von funkelnagelneuen, aber nicht mehr gebrauchten Stadien hinterlässt wie die WM vier Jahre zuvor.

Die FIFA jedenfalls gilt in der Öffentlichkeit weiter als Synonym für Korruption. Blatter trägt als Präsident die Verantwortung; auch wenn er für das Fehlverhalten z.B. der FIFA-Exekutivmitglieder nichts kann, so hat er auch so etwas wie eine moralische Verpflichtung.

Die Süddeutsche Zeitung porträtierte Blatter einst mit folgendem Witz: Was ist der Unterschied zwischen Gott und Sepp Blatter? Antwort: Gott hält sich nicht für Blatter. Den „Allmächtigen Sepp“ gibt es derweil tatsächlich, und er will weiter „Gutes“ tun, obwohl er stets beteuerte, 2015 aufhören zu wollen. Da kein ernsthafter Gegenkandidat in Sicht ist, wird der Schweizer im kommenden Mai aller Voraussicht nach seine fünfte Amtszeit antreten. Die „Mission“ geht weiter.