/ Die Erbwalter des Faschismus
Der Prozess gegen den spanischen Richter Baltasar Garzon macht deutlich, dass die Anhänger des sinistren Massenmörders Franco keineswegs im Aussterben begriffen sind.
Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu
Man sollte daran erinnern, dass sich bei der Transition Spaniens von der Diktatur zur Demokratie haufenweise Franquisten im Rahmen der Christdemokratie neu erfunden haben. In Spanien marschieren auch heute noch Kryptofaschisten und katholische Integristen, die Reihen fest geschlossen. Genauso wie sie das bereits zu Francos Zeiten taten. Die Vergangenheitsbewältigung in Spanien ging auch deshalb so reibungslos über die Bühne, weil sie im Wesentlichen nie stattgefunden hat. Man ließ die Toten tot sein und blickte ansonsten vereint in die Zukunft. Eine solche Haltung kann in der Phase unmittelbar nach der Überwindung einer Diktatur durchaus sehr sinnvoll und nützlich sein. Die überlebenden Opfer bzw. deren Angehörigen ermöglichen durch ihren vorübergehenden Verzicht auf Abrechnung und Sühne einen Neubeginn.
Amnestie durch Amnesie vereiteln
Doch wenn die Demokratie einmal fest im Sattel sitzt, müssen die Karten auf den Tisch und die Verbrecher – ob es sich dabei um linke oder rechte Extremisten handelt, ist dabei völlig unerheblich – zur Rechenschaft gezogen werden.
Und selbst wenn die Akteure einer Diktatur zu dem Zeitpunkt zu alt und zu krank sein sollten, um noch ins Gefängnis wandern zu können, müssen sie vor der Nachwelt auf alle ewige Zeiten an den Pranger gestellt werden, indem die historische Wahrheit über ihre Verbrechen erforscht und öffentlich bekannt gemacht wird.
Es macht möglicherweise wenig Sinn, einen 90-jährigen Sadisten einzusperren. Man kann ihn aber durchaus noch dadurch bestrafen, indem man ihm deutlich macht, dass er als Folterer und Mörder auf der niedersten Stufe steht, auf die ein Mensch jemals absinken kann, und dass er in den Geschichtsbüchern als diese Sorte von tatsächlichem Untermenschen verewigt bleiben wird.
In Spanien hat Richter Garzon versucht, die Amnestie durch Amnesie zugunsten der Faschisten zu vereiteln: Er wollte verhindern, dass über den Massenmord an rund 100.000 Menschen, die unter Franco „verschwunden“ sind, der gnädige Mantel des Vergessens gebreitet wird.
Man wirft Garzon vor, dass er ein Amnestiegesetz, das im Jahre 1977 erlassen worden war, nicht respektiert hat.
Nun muss ein Rechtsstaat aber den Anhängern einer untergegangenen Diktatur unmissverständlich deutlich machen, dass derartige Amnestiegesetze keine Gültigkeit haben, da sie einer Selbstamnestie der Verbrecher gleichkommen: Diese Amnestien wurden den jungen Demokratien von den alten Machthabern regelrecht aufgezwungen, sie sind nicht der Ausdruck eines freien, demokratisch legitimierten Konsenses.
Auch in Staaten wie Argentinien, Chile oder Brasilien sind – Amnestiegesetze hin oder her – die Verbrechen der Junta-Faschisten nicht länger tabu. Im EU-Mitgliedsland Spanien darf das nicht anders sein.
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