Der neue Tsipras

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(Reuters)

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In der Realpolitik angekommen

Europas Linke schwärmte, das Duo Tsipras-Varoufakis ließ 2015 das europäische Establishment einige Monate alt aussehen. Was folgte, ist mittlerweile Geschichte: Auch die Syriza-Politiker mussten sich am Ende beugen. Nach den Neuwahlen übernahm das Kabinett Tsipras II die Geschicke, als alle parteiinternen Dissidenten mundtot waren.

Dhiraj Sabharwal
dsabharwal@tageblatt.lu

Seit jeher hat Griechenlands Premier eine merkwürdige Form von Politik verfolgt. Einerseits ist es begrüßenswert, dass er im Gegensatz zu vielen Linken nicht nur ein kommentierender, sondern gestaltender Linkspolitiker zu sein versucht.

Doch gleichzeitig ist es genau diese Form von Realpolitik, die angesichts der von Tsipras umgesetzten Memorandum-Politik wohl nicht jedem linksorientierten Zeitgenossen mundet. Seine Kritiker werfen ihm vor, er sei nun selbst Teil des von ihm kritisierten Establishments. Ihm wohl gesinnte Geister betonen, er habe den Ernst der Situation erkannt und sei nicht den Grexit-Rufen von Wolfgang Schäuble und Yannis Varoufakis gefolgt. Wie so oft scheint die Wahrheit irgendwo in der Mitte zu liegen: Tsipras manövriert seine dünne Mehrheit im Parlament durch so ziemlich alle Höhen und Tiefen, um den Machterhalt zu sichern.

Allerdings ändert dies nichts daran, dass Griechenland mehr denn je eine Schuldenerleichterung und in der Flüchtlingskrise mehr Solidarität benötigt. Ohne diese Faktoren werden die sozialen Spannungen im Land bald nicht mehr zu bewältigen sein.