Der gewollte Wechsel

Der gewollte Wechsel
(Isabella Finzi)

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Nun, da sie sich einig geworden sind über ihr Koalitionsprogramm, sind DP, LSAP und „déi gréng“ in der Lage, die erste CSV-lose Regierung seit 1974-1979 zu bilden.

Damals führte eine LSAP-DP-Allianz mit Gaston Thorn an der Spitze das Land durch eine existenzbedrohende Stahl- und Energiekrise. Aber diese Allianz war unter völlig anderen Bedingungen zustande gekommen als das gegenwärtige Bündnis. Das sollte die politisch interessierte Öffentlichkeit wissen. Ein kurzer

asold@tageblatt.lu

Rückblick:
Bei der Wahl vom 26. Mai 1974 hatte die CSV drei von ihren 21 Sitzen verloren, blieb aber mit 18 die stärkste Partei vor der LSAP mit 17 und der DP mit 15. Letztere verzeichnete ein Plus von drei Mandaten. Das Resultat der Sozialisten war nicht vergleichbar mit dem von 1969, war doch nach einer Spaltung die sogenannte SdP entstanden, auf der fünf Abtrünnige gewählt wurden, darunter Astrid Lulling (!).

Staatsminister Werner betrachtete dieses Ergebnis als eine Niederlage und ging mit seiner Partei in die Opposition. Daraufhin waren die auf einen solchen Fall völlig unvorbereiteten LSAP und DP quasi gezwungen, die Regierungsverantwortung anzugehen. In beiden Lagern herrschte Skepsis, Misstrauen gar; Thorn brauchte eine gehörige Portion Mut und Selbstvertrauen, um das Amt des Premiers zu übernehmen. Erst im Laufe der Jahre entdeckten die Roten und die Blauen, dass sie eigentlich gut miteinander konnten.
Jetzt, Ende 2013, findet ein von den Koalitionären erwünschter, angestrebter und immer wieder angekündigter Wechsel statt, zu dem allerdings die arithmetische Mehrheit erforderlich war. An diese glaubte die unter Juncker und Wolter süffisant gewordene CSV-Führung nicht, weil sie davon ausging, dass die austeritätsgeschädigte LSAP schwerste Verluste erleiden müsste. Die von Etienne Schneider buchstäblich in letzter Stunde ausgelöste Aufbruchstimmung durchkreuzte Junckers Gewissheit, trotz zu erwartender Sitzeinbußen künftig mit der DP als gefügigem Baby-Partner regieren zu können.
Die CSV-Macht, die aus Luxemburg einen CSV-Staat machte, fußt auf einer die Demokratie verachtenden Prämisse: „Wir brauchen gar keine absolute Majorität, um uns den kleinen Koalitionär gefügig zu machen, denn pariert er nicht, nehmen wir uns einen anderen. Statt der LSAP die DP oder ‚déi gréng‘.“ Was z.B. 2009-2013 möglich gewesen wäre.

Dass die drei sich ab sofort dem Kampfverband CSV-Erzbistum/Wort-LCGB mit all seinen sichtbaren und unsichtbaren Divisionen zu stellen haben, ist ihnen klar. Ein schwarzer Kantersieg droht ihnen (zuerst bei der EU-Parlamentswahl), falls sie die gestellten Aufgaben nicht befriedigend lösen.

Daher unsere Empfehlungen:
1. Alle Regierungsposten mit kompetenten, leistungsstarken, volksnahen Politikerinnen und Politikern besetzen.
2. Die überfälligen gesellschaftspolitischen Reformen zielstrebig und schnell durchziehen. Dazu gehört natürlich eine schrittweise Trennung zwischen dem Staat und den Kirchen. Wie notwendig diese Trennung ist, lässt sich am vorlauten Aufbegehren einzelner katholischer Würdenträger, die ums Geld fürchten, ermessen (sie sollten sich Evangelii Gaudium von Papst Franziskus zu Herzen nehmen!).

Nicht mit dem Kopf durch die Wand!

3. Die geplanten finanz-, sozial- und wirtschaftspolitischen Initiativen früh, jedenfalls rechtzeitig, mit den repräsentativen Institutionen und Verbänden ausdiskutieren. Nichts würde die drei schneller aus dem Sattel werfen als eine „Mit dem Kopf durch die Wand“- Politik. Wir raten in diesem Zusammenhang zu den bestmöglichen Beziehungen mit dem OGBL, der die Sozialwahlen soeben haushoch gewonnen hat.
4. Nicht außer Acht lassen, dass die grundsätzlich falsche, weil Massenarbeitslosigkeit und Elend verursachende EU-Politik moralisch verwerflich und deshalb auf die Dauer nicht haltbar ist. Sie stiehlt der Jugend die Freude am Leben, sie treibt ältere Menschen via Rentenabbau in die Armut und entzieht Europa die Chance, zum wegweisenden Modell zu werden. Diese Regierung muss den verbleibenden Spielraum für eine sozial gerechte Entwicklung des Landes furchtlos und geschickt nutzen.
Verscherzt euch nicht den Vertrauensvorschuss, ihr flotten drei!