Debatte und Polemik

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In den Niederlanden besteht die Homo-Ehe nun bereits seit zwölf Jahren. Danach folgten Spanien und Belgien, in denen die gesellschaftspolitische Neuregelung relativ einfach und ohne große Emotionsausbrüche über die Bühne ging.

Diese Woche steht das Thema in Großbritannien und in Frankreich ganz oben auf der Agenda. Die Thematik wird dabei auch zu einem politischen Spielball.

Michelle Cloos mcloos@tageblatt.lu

In London stimmte das Unterhaus am Mittwoch mit einer Mehrheit von 400 zu 175 Stimmen für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Die konservative Tory-Partei war bei der Frage zwar gespalten, doch Premierminister David Cameron begrüßte das Votum. Immerhin findet die Homo-Ehe die Zustimmung von zwei Dritteln der Bevölkerung …

Camerons Strategie ist es nämlich, sich ganz bewusst gesellschaftspolitisch offen zu geben, aber im Bereich der Sozialpolitik einen strikten, neoliberalen Kurs zu fahren. Ein ganz anderes Bild bietet sich derzeit in Frankreich, wo die rechtsgerichtete UMP darauf beharrt, Widerstand gegen die neue Gesetzgebung der sozialistischen Regierung zu leisten. In der „Assemblée nationale“ läuft nun seit über einer Woche ein regelrechter Diskussionsmarathon. Am vergangenen Dienstag hat die „Garde des sceaux“ Christiane Taubira eine beeindruckende und engagierte Rede zur Verteidigung des Gesetzestextes gehalten (ganz ohne einen einzigen Blick auf eine schriftliche Vorlage zu werfen). Am Samstag wurde der symbolträchtige erste Artikel, der die Eheschließung zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts erlaubt, gestimmt.

Doch das ist erst der Anfang.

Eine lächerliche Aufführung

Die „Droite“ hat über 5.000 Änderungsanträge vorgelegt, womit die Debatte zu einer Boulevardkomödie verkommt. Noch grotesker ist allerdings, dass zahlreiche Oppositions-Abgeordnete es nicht einmal fertigbringen, zur Abstimmung über ihre eigene „Amendements“ persönlich präsent zu sein.

Nach dem geradezu peinlichen Kampf, den sich François Fillon und Jean-François Copé Ende letzten Jahres um die UMP-Präsidentschaft geliefert hatten, ist die Partei an einem Tiefpunkt angekommen. Die aktuelle Debatte wird da wohl kaum zur Aufpolierung des angekratzten Images beitragen. Die lächerliche Hinhaltetaktik der französischen Rechten beim Votum des Gesetzes zur Homo-Ehe und die unaufhörlichen verbalen Attacken, die während und außerhalb der parlamentarischen Debatte auch noch auf den sozialen Netzwerken weitergeführt werden, sind dermaßen übertrieben, dass sie jegliche Glaubwürdigkeit verlieren. Doch wenn man selbst keine Ideen hat, wie es bei der UMP sichtlich der Fall ist, kritisiert man eben sämtliche Worte und Taten seines politischen Gegenspielers … Denn außer Buhrufen und mittelalterlichen Ansichten hatten die Oppositions-Abgeordneten nichts zu bieten. Als politische Strategie ist ein solches Verhalten ohne jeglichen Zweifel verwerflich.

Positiv ist jedoch, dass sich ganz klar zeigt, dass die Frage nach einer gleichen Behandlung der homosexuellen Paare in Europa immer unausweichlicher wird. Denn letztendlich sind die Schreie der Kritiker auch Ausdruck ihrer Ohnmacht gegenüber einer gesellschaftlichen Evolution, die einfach ihren Lauf nimmt.

Bleibt also zu hoffen, dass uns bei der Debatte, die auch hierzulande in den nächsten Monaten die Aktualität mitbestimmen wird, bösartige und karikaturhafte Kommentare und Ideen erspart bleiben.