Dämonen wecken

Dämonen wecken

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Nicht oft und meist „richtig“ stimmten die Luxemburger ab, wenn sie im Rahmen der sogenannten direkten Demokratie um ihre Meinung gefragt wurden.

So im Herbst 1937, als sie zwar mit knapper Mehrheit (50,67 Prozent), aber immerhin das sogenannte Maulkorbgesetz ablehnten, mit dem die rechtsliberale Regierung Bech die Kommunistische Partei verbieten und ihren Mitgliedern die Ausübung öffentlicher Ämter verwehren wollte. Sie stürzte schließlich über das Ergebnis.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Auch am 10. Oktober 1941 erteilten die Luxemburger den deutschen Besatzern eine Abfuhr und füllten die Zettel zur Personenstandsaufnahme nicht so aus, wie Gauleiter Simon es sich ausgemalt hatte. Im Juli 2005 gab es via Referendum eine Mehrheit zur EU-Verfassung, wobei diese recht knapp ausfiel.

Die vier Fragen, die sie nun im kommenden Jahr beantworten müssen, stellen zurzeit allerdings Politik und vielmehr noch außerparlamentarische Gruppen vor ein Positionierungsproblem. Dabei ist nicht einmal die von der Dreierkoalition vorgesehene komplexe technische Vorgehensweise das Hauptproblem. Auch am 28. September 1919 hatten die Bürger vier Fragen zu beantworten. Damals sprach sich eine breite Mehrheit für den Erhalt der Monarchie und der Dynastie aus.

In einer ersten Phase sollen die Bürger Antworten auf die Fragenkomplexe bezüglich der Finanzierung der Glaubensgemeinschaften, des Ausländerwahlrechts, des Absenkens des Wahlalters auf 16 Jahre und der Beschränkung der Ministerämter auf zwei Mandate geben.

Viele Unklarheiten

Die Antworten sollen dann in ein neues Verfassungsprojekt eingearbeitet werden, das in erster Lesung von einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament angenommen werden muss. Die zweite Lesung würde dann durch ein weiteres Referendum ersetzt, bei dem die Bürger über den neuen Verfassungstext abstimmen.

Von der Formulierung der Fragen – die bislang noch völlig unklar ist – wird im kommenden Jahr viel abhängen; ebenso wie von der vorgesehenen Aufklärungskampagne, die zumindest über den Inhalt der Befragung detaillierten Aufschluss geben wird. Bleibt die wichtigste der vier Fragen: das Ausländerwahlrecht und das entsprechende Abstimmungsverhalten. Die ASTI hat sich bereits gegen ein diesbezügliches Referendum ausgesprochen: Zu groß scheint die Angst, dass das Thema durch ein negatives Votum für die kommenden Jahrzehnte vom Tisch wäre. Auch bei der jüngsten Immigrantenkonferenz des OGBL klang eher Skepsis durch.

Beschäftigungsminister Nicolas Schmit brachte hier die Meinung der Regierung auf den Punkt und wiegelte die Angst vor dem Aufwecken alter Dämonen in diesem Zusammenhang ab: Wenn es denn solche Dämonen gäbe, so sei es durchaus eine gute Sache, diese zu wecken und sich dann mit ihnen auseinanderzusetzen.

In der Tat würde eine solche Debatte dem Land sicherlich guttun und die Gesellschaft ehrlicher machen.

Unterschwelligen Rassismus gibt es zweifellos, er wird oft – aber nicht immer – von einem Mantel des Wohlstands verhüllt (man schaue sich die diversen Blogs im Internet an …). Diesem argumentativ zu begegnen ist eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft. Ein positives Votum für ein Ausländerwahlrecht – wer in Luxemburg arbeitet und Steuern zahlt, soll auch mitbestimmen können, was mit diesen Geldern geschieht – wäre ein mutiger und positiver Schritt weg vom Mief der letzten Jahrzehnte.

Und das wollte die Dreierkoalition ja ursprünglich erreichen …