Dabei sein ist alles

Dabei sein ist alles
(Tageblatt-Archiv/Jeff Lahr)

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Das Sportjahr 2013 biegt auf die Zielgerade ein und so beginnt sie wieder, die Zeit der Rückblicke und Ehrungen.

Den Auftakt macht aus nationaler Sicht die Gala des Sports am Donnerstag in Bad Mondorf, wo bei der Wahl zu den Sportlern des Jahres die Nachfolger von Marie Muller, Laurent Carnol und dem F91 Düdelingen gesucht werden.

Philip Michel pmichel@tageblatt.lu

Spannung verspricht das „Titelrennen“ allemal, denn das nacholympische Jahr steht stets für Umwälzungen in der nationalen Hierarchie, da der eine oder andere Olympionike eine kleine Verschnaufpause einlegt und somit Athleten in den Vordergrund rücken, die sonst seltener im Rampenlicht stehen.

Auch Laurent Carnol trat 2013 weniger in Erscheinung als gewohnt. Dennoch könnte der Schwimmer seinen Titel am Donnerstag verteidigen, bewies er doch bei seinen wenigen Auftritten seine Extraklasse. Gleiches gilt für Judoka Marie Muller, obwohl sie durch abermaliges Verletzungspech lange Zeit außer Gefecht war bzw. ist. Muller duellierte sich in den letzten Jahren stets mit Tennisprofi Mandy Minella um den Titel der Sportlerin des Jahres. Das Dilemma der Sportlerwahlen lässt sich an diesem „Duell“ jedenfalls ziemlich gut zusammenfassen.

Denn im Grunde genommen können die Leistungen einer Judoka und einer Tennisspielerin nicht miteinander verglichen werden. So platzierte sich Muller bei den Weltmeisterschaften auf dem hervorragenden siebten Rang, während Minella in der Tennis-Weltrangliste zurzeit Platz 107 einnimmt. Ist eine Top-Ten-Platzierung in einer Randsportart wie Judo, in der es zudem unendlich viele Gewichtsklassen gibt, wirklich besser als eine Top-100-Platzierung in einer der weltweit populärsten und meistpraktizierten Sportarten überhaupt? Auf der anderen Seite: Werden die Leistungen in einer viel mediatisierten Sportart wie Tennis nicht auch überbewertet?

Äpfel und Birnen

Richtig Spannung dürfte derweil auch bei der Wahl zur Mannschaft des Jahres aufkommen, wobei auch hier gilt: Gewinnen kann nur einer. Sogar innerhalb einer Sportart kann der Vergleich schwerfallen. Die Fußballnationalmannschaft zwang in der WM-Qualifikation Nordirland in die Knie und holte historische sechs Punkte. Zudem gab es einen Sieg in einem Freundschaftsspiel gegen Litauen. Historisch ist aber auch, was der FC Déifferdeng auf internationalem Parkett ablieferte. Zwei Runden überstand der Verein, wobei mit dem FC Utrecht ein Hochkaräter ausgeschaltet wurde. Wären die Differdinger gegen die Norweger aus Tromsö nicht im Elfmeterschießen gescheitert, hätten sie sogar die Gruppenphase der Europa League erreicht. „Du jamais vu“ in der Luxemburger Fußballgeschichte.

Selbst der Versuch, mittels Ranglisten die Leistungen objektiv zu vergleichen, scheitert. Nordirland befindet sich im europäischen Ranking auf Platz 39, Luxemburg auf Rang 46, der Unterschied ist demnach so groß auch wieder nicht. Dagegen belegen die Niederlande in der für die Anzahl der Europapokal-Starter maßgeblichen Fünfjahreswertung aktuell immerhin Position acht und liegen somit Welten vor Luxemburgs Platz 44. Aber: Utrecht ist nicht Ajax Amsterdam. Und kann überhaupt eine Mannschaft ausgezeichnet werden, die im eigenen Land keinen Titel gewinnen konnte?
Vielleicht muss man sich ja auch gar nicht so sehr mit den Leistungen der Fußballer beschäftigen, denn die Handballer des HB Esch wurden nicht nur souverän Meister, sie erreichten auch ein Europapokalfinale, was selbstredend ebenfalls historisch im Luxemburger Sport ist. Doch kann der Handball es überhaupt mit der Lobby des alles dominierenden Fußballs aufnehmen, zumal die sechs besten europäischen Handballnationen nicht am Challenge Cup, in dem die Escher dermaßen für Furore sorgten, teilnehmen?

Fragen über Fragen, die deutlich machen, dass Sportlerwahlen nicht gerecht sein können, weshalb sich alle Beteiligten aufs olympische Motto „Dabei sein ist alles“ besinnen sollten. Schließlich kann beim besten Willen niemand vergleichen, was nicht zu vergleichen ist.