Retro 2021Bildung: Wie man die Zahlen (nicht) zum Reden bringt

Retro 2021 / Bildung: Wie man die Zahlen (nicht) zum Reden bringt
Die hohe Impfquote in den Lyzeen hat Covid-19 das Leben dort schwergemacht. In den Grundschulen kann davon keine Rede sein. Foto: Editpress/Alain Rischard

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Für Luxemburgs Bildungseinrichtungen war auch das Jahr 2021 kein einfaches. Es wurde wie bereits das Jahr zuvor durch die Corona-Pandemie geprägt.

Wir erinnern uns: 2021 beginnt mit einer Woche Homeschooling. Die Infektionszahlen sind vor den Weihnachtsferien Ende 2020 derart hoch und das „Contact Tracing“ derart überlastet, dass Bildungsminister Claude Meisch die Notbremse ziehen muss. 2021 startet demnach mit einem Klick auf den Reset-Knopf. Infektionsketten an Schulen werden gebrochen.

Jetzt, ein Jahr später, haben kurz vor Jahresende die Infektionszahlen, insbesondere in den Grundschulen, erneut schwindelerregende Höhen erreicht. Genaue Zahlen rückt das Bildungsministerium nicht heraus. Auf Analyse-Berichte oder gar wissenschaftliche Publikationen über das Infektionsgeschehen an den Schulen wartet man in diesem Schuljahr vergeblich. Transparenz sieht anders aus. Doch das Ministerium zeigt keine Einsicht, findet Erklärungen dafür und kehrt weiter unter den Teppich.

Die nun seit Wochen andauernde höchste Inzidenzquote bei den bis zu 14-Jährigen innerhalb der Gesamtbevölkerung lässt jedenfalls Schlimmes befürchten. Diese Zahlen stellt – es sind die einzig verfügbaren aus den Bildungseinrichtungen – die „Santé“ bereit. Tatsächlich hat die Impfung bei den Jugendlichen ab 12 Jahren das Virus weitgehend aus den Lyzeen ferngehalten. Dafür ist Covid-19 umso aktiver in den Grundschulen unterwegs. Erst seit einigen Tagen dürfen auch Kinder ab fünf Jahren ein Vakzin bekommen. Man darf gespannt sein, wie sich dies auf das Jahr 2022 auswirken wird.

Die Sommerpause nutzt Claude Meisch derweil, um sich Gedanken über sich selber und über sein Ministerium zu machen. Er kommt zum Entschluss, nicht als Krisenminister in die Geschichte Luxemburgs eingehen zu wollen. Fortan versucht er sich zwanghaft als Reformer und Digital-Meisch zu profilieren. So kündigt er zur „Rentrée“ im September eine ganze Palette an Reformen, neuen Gesetzesprojekten und digitalen Vorhaben an. Gewerkschafter und andere Akteure des Bildungswesens fühlen sich nicht zum ersten Mal vor den Kopf gestoßen. Mit ihnen besprochen hat Meisch diese Ankündigungen nicht. Immerhin ist so viel Neues nicht dabei. Alte Ideen und Vorhaben aus dem Koalitionsabkommen wurden neu aufgekocht, andere Ankündigungen waren überhaupt nicht für dieses Schuljahr angedacht.

Claude Meisch sollte als studierter Mathematiker schließlich wissen, wie man die Zahlen zum Reden bringt

Im Frühjahr und Sommer 2021 glaubt man, das Licht am Ende des Tunnels sei zu sehen. Im Herbst schlägt Covid-19 mit voller Wucht zurück.

Im September nennt Meisch die Impfquote von 50 Prozent bei den Sekundarschülern, einige Wochen später sind es 70 Prozent. Auch die Impfquote der Lehrer ist dem Bildungsministerium bekannt. Das sind allesamt Zahlen, über die das Ministerium theoretisch nicht verfügen darf. Aber auch dafür gibt es Erklärungen, die auf komplexen Hochrechnungen basieren. Claude Meisch sollte als studierter Mathematiker schließlich wissen, wie man die Zahlen zum Reden bringt. Jedenfalls spart der Bildungsminister nicht damit, diese Zahlen, die das Geschehen an den Bildungseinrichtungen in ein besseres Licht rücken, in der Öffentlichkeit hinauszuposaunen, während bei den Infektionszahlen höchste Diskretion gilt.