Ärztliche Kontrolle

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Ein Gespräch mit einem Arzt in Luxemburg – kein Sportmediziner, nein, er kümmert sich normalerweise um Zähne; aber Eufemiano Fuentes ist vom Fachgebiet her ja eigentlich auch Gynäkologe – bringt Folgendes zutage: „Ein EPO-Präparat kann ich Ihnen verschreiben, kein Problem. Aber spätestens beim Apotheker werden Sie – und ich – Probleme bekommen.“

Denn, so der Arzt, der Apotheker müsste eigentlich das Telefon nehmen und beim Arzt nachfragen, wieso zum Teufel ein Zahnarzt – und nicht beispielsweise ein Onkologe – einem Nicht-Krebs-Patienten EPO verschreibt. Egal was der Zahnarzt auch sagen würde, der Apotheker müsste nach diesem Telefonat ein zweites führen – und die zuständigen Behörden über den Vorgang informieren.

cclemens@tageblatt.lu

Auch wenn dies in puncto Gesetzgebungen wahrscheinlich nicht überall auf der Welt der Fall ist, stößt man im Zusammenhang mit EPO meistens doch auf folgende Worte: „verschreibungspflichtig“ und „einzunehmen nur unter ärztlicher Kontrolle“.

Dies lässt nur zwei Schlüsse zu: EPO-Doping ist gemeingefährlich, und – oft vergessen – das Zeug muss ja auch irgendwo herkommen.

Zu erstgenanntem „Problem“: Ist dies vielleicht eine Erklärung, wieso im Radsport so viele Ärzte (was ist mit Trainern?) die Aktualität bestimmen? Zum zweiten: Schwarzmarkt und Internet und beides zugleich hin oder her – ist die Beschaffung mit Ärzten „an der Hand“ nicht doch einfacher, auch wenn sie eigentlich nicht berechtigt wären, gewisse Medikamente zu verschreiben? Saubere Sportler oder deren Umfeld, denen die Doping-Diskussionen fürchterlich gegen den Strich gehen, würden noch hinzufügen: Und drittens kann man Spritzen und sonstiges medizinisches Material in einem Sportlerumfeld ja quasi für normal erklären, da Ärzte dabei sind. Nur mal so am Rande vermerkt: Der Radsport hat teilweise nicht nur in den Medien und der Öffentlichkeit einen schlechten Ruf, sondern verschiedentlich auch innerhalb der Sportbewegung.

Zurück aber zu Fuentes, Ferrari, Leinders und wie sie alle heißen: Doping-Ärzte sind derzeit in aller Munde, der Generalverdacht gegenüber dem Radsport auch. Das „Beben Armstrong“ ist noch nicht vorbei, ab heute könnte ein neues „Beben Fuentes“ entstehen. Wäre da nicht eine Erkrankung, würde in Madrid noch ein zweiter Arzt mit auf der Anklagebank sitzen.

Der spanische Gynäkologe erklärte sich einmal wie folgt: „Der Hochleistungssport ist nicht gesund, denn er überfordert den menschlichen Körper. Man muss zu Medikamenten greifen, um angerichtete Schäden zu beheben.“

Einfache Erklärung

Selbstverständlich ist extremes Training – wie alles, was extrem ist – ungesund, dennoch klingt Fuentes Schlussfolgerung angesichts des gesundheitsschädigenden Doping-Business wie Hohn. Vor allem klingt sie „einfach“, aber: Auf diese „Erklärung“ ist noch kein geständiger Dopingsünder („Ich wollte mit unerlaubten Mitteln meine Leistung steigern“ – „Ich habe gemacht, was alle gemacht haben“) nach zuvor jahrelangem Lügen gekommen …

Doping-Aktualität also wohin man blickt, und diese Woche mittendrin statt nur dabei: Luxemburg. Das Urteil im Fall Frank Schleck – einer der Stars der Radsportszene – steht an. In diesem Fall kommt auf Anhieb, außer in puncto Gutachten, kein Arzt vor. Einfache Erklärungen wird es wohl auch keine geben. Dass das Urteil keine Einstimmigkeit hervorrufen wird, sondern kontrovers in den Medien, der Öffentlichkeit und der Sportbewegung diskutiert werden wird, scheint auch klar.

Doping wird also weiter die Aktualität bestimmen. Zum Leidwesen des Sports.