Angekommen oder gemacht?

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Die Krise ist auch in Luxemburg angekommen!“ – Was bezwecken die Politiker mit ihrem neuen Lieblingssatz? Soll er sie von dem, aus unserer Sicht, sehr berechtigten Vorwurf reinwaschen, dass die Misere zum großen Teil eine hausgemachte ist?

Und wenn die obersten Wirtschaftsherren dieselbe Floskel wiederholen: Geht es ihnen dann nicht darum, die Gunst der Stunde für den Abbau des gehassten Sozialstaates zu nutzen?

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Der hausgemachte Teil der Unbill ergibt sich nicht so sehr aus den Zahlen an sich, sondern aus der Art und Weise, wie diese Zahlen in der Öffentlichkeit dargestellt werden.

Warum, z.B., wird, wenn die Rede ist von der Staatsschuld, nicht mit Nachdruck darauf verwiesen, dass sie

– erstens in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt weit, sehr weit unter dem EU-Durchschnitt bleibt,

– zweitens während der paar letzten Jahre nur deshalb anstieg, weil allein 2,3 Milliarden für (sich sehr lohnende!) Beteiligungen an Banken sowie weitere 1,4 Milliarden für europäische und internationale Garantien platziert wurden?

Denn für die laufende Finanzierung des Staatsbetriebs, jenem vor den für heutige und spätere Generationen sinnvollen Investitionen, wurde kein Cent Schuld aufgenommen! Was ist es doch für eine krasse Lüge, gebetsmühlenartig wiederholte Lüge, dass eine Milliarde und mehr pro Jahr für laufende Kosten geliehen werden müsse! Geliehen wird, wie eh und je, für die Finanzierung von Großprojekten, und nur dafür!

Aber erst die Panikstimmung, die mit der angeblich gefährlichen Neuverschuldung in der Luxemburger Bevölkerung geschürt werden konnte, ermöglichte die Politik à l’européenne auch bei uns: etappenweise Kürzung der Pensions- und Krankenkassenstandards, Verteuerung der öffentlichen Dienstleistungen (Wasser, Transport, Energie), Anhebung der Steuern und Taxen, Abschaffung der Indexanpassung der Lohn- und Einkommenssteuertabellen sowie des Rentenajustements.

Mit all dem und allen angedeuteten, noch anstehenden Grausamkeiten, die aber notwendig seien, schuf die Regierung ein latentes Angstsyndrom, das tiefste Luxemburger Reflexe beflügelt: Man weiß ja, wie klein und wie schwach wir sind; wenn es dann so dicke käme, wie jetzt die Minister offenbar befürchten, dann sollten wir vorsichtig mit dem Ersparten umgehen, geplante Anschaffungen zurückstellen, vielleicht mehr auf die hohe Kante legen und außer für Ferien, das Auto und das Handy weniger ausgeben …

Mit dem Ergebnis für den vom Inlandkonsum abhängigen Teil der Wirtschaft, dass die Betriebe gleich mehrfach bestraft werden: Es fehlen Kunden, die Umsätze schrumpfen, und die Rechnungen werden mit Verspätung bezahlt, von den Ausfällen wegen der Konkurse ganz zu schweigen.

Und weil das noch nicht reicht, um die heimische Wirtschaft, jene, die nicht exportiert, kaputt zu kriegen, „sparen“ Staat und Gemeinden und andere Verwaltungen beim Shopping: Ihnen kann es ja gleich sein, ob ihre treuen Lieferanten plötzlich arg im Minus sind.

Oder doch nicht?

Es ist fünf vor zwölf

Denn wer finanziert im Endeffekt die Kosten für die außer Kontrolle geratene Arbeitslosigkeit? Ist sich die Sparregierung – wir sagen richtiger: die Austeritätsregierung – der Tatsache bewusst, dass die exportorientierten Unternehmen, wenn sie einstellen, kaum bei der ADEM, sondern frei in der Großregion rekrutieren oder bei ihren Mutterhäusern im Ausland?

Es ist tatsächlich fünf vor zwölf in Luxemburg.

Aber nicht so, wie es die Mächtigen darstellen, welche mit dem baldigen Abzug der Banken drohen. Letztere machten übrigens 2012 schönste Gewinne hier; Herr Frieden darf sich auf unerwartete Budget-Einnahmen freuen.

Es ist fünf vor zwölf, weil die Belange des luxemburgischen Teils der Wirtschaft, die sowohl das Patronat wie auch das Salariat und die Kunden betreffen, schon jahrelang vernachlässigt werden.