/ Alle statt einige wenige
Doch auch die Suppe, die beim Eurogipfel gekocht wurde, wird noch ein ums andere Mal abkühlen und wieder aufgekocht werden, ehe es ans Auslöffeln geht.
Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu
Ganz davon abgesehen, dass Europas Politiker sich noch längst nicht auf das endgültige Rezept zur Lösung der Schuldenkrise – kommt es zu einer tieferen Integration Europas oder lassen wir den Euroraum auseinanderbrechen …? –, geschweige denn auf die Zutaten – soll die Inflation es richten oder kommt es zu Ausgleichszahlungen …? – geeinigt haben.
Bestes Beispiel für das Herumexperimentieren, das uns noch lange bevorstehen wird, ist der wenige Tage alte Versuch der 26, den IWF stärker an der Rettung der überschuldeten Nationalstaaten zu beteiligen. Durch bilaterale Kredite der europäischen Staaten an den IWF soll dieser die Krisenländer weiter unterstützen können.
Dieser Griff tief in die Trickkiste soll einerseits verhindern, dass die EZB – die das formal nicht darf – den Staaten durch einen direkten Anleihenankauf aus der Misere hilft. Andererseits sollte es auch ein Ansporn für die anderen IWF-Geldgeber sein – allen voran die USA –, sich an der „Euro-Rettung“ stärker zu beteiligen. In der Gipfelerklärung wurde eindeutig die Erwartung formuliert, dass „die internationale Gemeinschaft parallel Beiträge leisten wird“.
Pustekuchen! Der Versuch scheint bereits seit dem Wochenende Makulatur zu sein. Für die Amerikaner, und vor allem Präsident Barack Obama, sind die Europäer reich genug, um selber ihre finanziellen Probleme zu lösen. Einmal ganz davon abgesehen, dass den US-Bürgern nur im Traum politisch zu vermitteln ist, sie müssten die Europäer retten.
An den Märkten wird demnach noch so lange Aufruhr herrschen, bis ein für sie klar verständlicher Plan auf dem Tisch liegt, wie die Schulden Europas finanziert werden können. So mancher wird bis dorthin mit Wetten und Gegenwetten auf das Überleben des Euroraums eine schöne Stange Geld verdienen.
Am Ende jedoch muss eine Antwort auf die Frage stehen, wie sich die europäischen Staaten aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit und Abhängigkeit gegenüber den Geldgebern befreien können. Ein gutes Beispiel dafür, wie die Kasino-Mentalität eines kleinen, aber sehr einflussreichen Teils der Finanzwelt allein ihre Interessen verfolgt und die Politik bestimmen kann, sieht man in Großbritannien.
Allein die Verteidigung britischer Wirtschaftsinteressen habe ihn dazu gebracht, ein Veto gegen die Brüsseler Beschlüsse auszusprechen, tönte am Wochenende der britische Premierminister. Er habe dadurch eine Finanztransaktionssteuer verhindert, meinte David Cameron und wollte sich als spirituellen Sohn von Winston Churchill und Margaret Thatcher hinstellen, gebar sich aber letztlich als Pudel der Kasino-Kapitalisten. Welche Blendung! EU-Kommissar Olli Rehn erinnerte ihn gestern prompt daran, dass Brüssel durchaus im jetzigen EU-Rahmen die City regulieren kann.
Wie Norwegen ohne Öl
Dass ein Veto voraussetzt, dass man etwas verhindert und nicht davor wegläuft, wurde David Cameron deshalb gestern andererseits auch von Seiten der britischen Wirtschaft und eines anderen Teils der City klargemacht. Beide befürchten durch die nun eingeleitete „politique de la chaise vide“ einen Einflussverlust und eine Abkoppelung von ihren traditionellen Märkten.
Nicht nur englische Oppositionspolitiker wiesen zudem darauf hin, dass die Verteidigung der Interessen einiger weniger, vor denen der Allgemeinheit, letztlich in die Katastrophe führe. Labour-Politiker Jonathan Powell brachte es wohl auf den Punkt: „Im Wesentlichen werden wir wie Norwegen sein, nur ohne Öl.“
Diese Perspektive allerdings kann auch Europa auf der Weltbühne blühen, sollte der Kontinent nicht politisch, wirtschaftlich und zuletzt auch demokratisch gestärkt aus der Schuldenkrise hervorgehen.
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