Königin und Psychologin

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Mathilde muss in Belgien ihrem Mann Philippe den Rücken stärken. Ihr könnte die Aufgabe zukommen, Sympathien für die Monarchie zu sammeln. Am Sonntag dankt Albert II. ab.

Sie ist studierte Psychologin und in wenigen Tagen Königin. Durch ihre Ausbildung ist Mathilde wahrscheinlich mit schwierigen Fällen im menschlichen Miteinander vertraut. Doch ab Sonntag, wenn ihr Mann Philippe König und damit Staatsoberhaupt von Belgien wird, geht es um das harmonische Miteinander in einem ganzen Land, das immer wieder durch die Grabenkämpfe zwischen Flamen und Frankophonen Schlagzeilen macht.

Mathilde steht an der Seite Philippes eine schwierige Rolle bevor. Sicher steht das belgische Königshaus längst nicht so im Scheinwerferlicht wie die britischen Royals. Auf Verfolgungsjagden durch Paparazzi wie einst Prinzessin Diana muss sich die schlanke Blondine, die gerade 40 Jahre alt geworden ist, wohl kaum einstellen.

Schweres Erbe

Und doch tritt Mathilde am Sonntag kein leichtes Erbe an, wenn ihr Schwiegervater König Albert II. abdankt und mit zusammen mit Königin Paola Platz macht für das neue Königspaar Philippe und Mathilde. Denn Philippe gilt als nicht so beliebt und geschätzt wie Albert, bei öffentlichen Auftritten schien man ihm des öfteren Unbehagen anzusehen. Er geht nicht so auf die Menschen zu wie der Vater. Auch ein verbaler Ausrutscher gegen Unabhängigkeitsbestrebungen im nördlichen Landesteil Flandern brachte den Prinzen – allerdings ist das rund zehn Jahre her – negativ in die Schlagzeilen.

Mathilde könnte daher die Aufgabe zukommen, das Gegengewicht zu bilden und Sympathien für die Monarchie zu sammeln. Ein „außergewöhnliches Gefühl für Public Relations“ bescheinigt ihr der Kenner des Königshauses Frédéric Deborsu. Als „wundervoll, frisch und stilvoll“ adelte sie das Magazin „Vanity Fair“. In ihrer klassischen Garderobe ist Mathilde kein überschwänglicher Typ, tritt aber sicher und elegant auf. Das souveräne Auftreten könnte ihr schon im Elternhaus in Brüssel zugeflossen sein, wo sie 1970 als Tochter des Grafen Patrick D’Udekem d’Acoz geboren wurde.

Eine „kurze Zeremonie“

Wie Mathilde ihren Prinzen kennenlernte, ist Gegenstand von Gerüchten. Sicher ist, dass kurz vor Weihnachten 1999 die Hochzeit war. Der offizielle Kuss war dabei nach dem Urteil von Deborsu allerdings eher eine „kurze Zeremonie“ als ein ausgiebiger Liebesbeweis.

Als „eine Prinzessin ihrer Zeit“ wird Mathilde in der vom Palast herausgegeben Biographie beschrieben. Sie hat Logopädie und Psychologie studiert und führte zeitweilig in Brüssel eine eigene Praxis. Als sie jünger war, zog sie den offiziellen Angaben zufolge durch die Welt: „Mit Freunden, den Rucksack auf dem Rücken, durchwandert sie Gebiete in Asien, Lateinamerika und dem Vorderen Orient.“ Später und vor allem als Prinzessin widmete sie sich wie viele Royals wohltätigen Zwecken. Sie ist Sonderbotschafterin des Kinderhilfswerks UNICEF und der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Die für ihr Königreich vielleicht symbolträchtigste Rolle spielt Mathilde bislang aber anderswo. Belgien wird vom Konflikt zwischen den zwei großen Sprachgruppen Flamen und Französischsprachigen geprägt. Viele Flamen wünschen mehr Autonomie und sind kritischer gegenüber der Monarchie als die französischsprachigen Einwohner des Landes. Das neue Königspaar muss also vor allem bei den Flamen punkten. In diesem Sinne ist es politisch hochbedeutsam, dass Mathilde und Philippe ihre vier Kinder – darunter Thronfolgerin Elisabeth – auf eine flämischsprachige Schule schicken. Und dass sich Mathilde dort laut Königspalast noch zusätzlich engagiert, als „Vorlesemama“.