KlangweltenKammermusik für wütend-melancholische Punks

Klangwelten / Kammermusik für wütend-melancholische Punks
Godspeed You! Black Emperor – G_d’s Pee AT STATE’S END

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Das vierte Godspeed You! Black Emperor nach der Reunion ist weniger abstrakt, experimentell und krachig als einige der drei Vorgänger: Im Laufe dieser wie gehabt sehr politischen Platte – die Band klagt nach wie vor (u.a.) die Polizeimacht, die mangelnde Besteuerung der Reichen und imperialistische Kriege an – macht sich neben der kathartischen Wut eine klangliche Eleganz bereit, die die kanadische Kultband auf der Höhe ihres Talentes dokumentiert.

Natürlich wird auch „G_d’s Pee AT STATE’S END“ Postrockverweigerer nicht davon abhalten, naserümpfend zu meinen, hier würde ja eigentlich nichts passieren: Es gibt die gewohnten Songs mit Überlänge (auf Vinyl gibt es vier Tracks in 53 Minuten, die digitale Version teilt das Album absurderweise in acht Segmente auf), die dissonanten Ambient-Intros (alleine das vierminütige Intro dürfte konsens- und harmoniebedürftige Musikhörer schon vor dem eigentlichen Albumbeginn abwimmeln) und Field-Recordings.

Doch wer genau hinhört, merkt, dass diese Platte eigentlich eingängiger als die Vorgänger ist – die erste lange Suite ist psychedelischer Krautrock und scheint mit seinen monotonen und gleichzeitig mitreißenden Riffs wie für die Bühne geschrieben. Das anschließende „Fire At Static Valley“ nimmt die Geschwindigkeit heraus und entpuppt sich als wunderbar melancholisches Kleinod, die zweite Hälfte wird mit einem zweiten längeren Segment (der Trackname beträgt dann auch gleich mehrere Zeilen) eingeläutet, das sich zwischen punkiger, grimmiger Kammermusik und elegischem Postrock einfach nicht festlegen will und in dem sich wabernd-schiefe Gitarren und wütend-dissonante Violinen zu einem wunderbar hoffnungsvollen Finale auftürmen, während das abschließende „OUR SIDE HAS TO WIN (for D.H.)“ mit viel Ambient-Gitarren dem vorigen Hoffnungsschimmer eine unbehagliche und gleichzeitig wunderschöne Antwort entgegensetzt. (Jeff Schinker)

Bewertung: 8/10
Anspieltipps: Werte Digital Natives. Diese Platte sollte in einem Durchlauf genossen werden und ist folglich der Albtraum all jener, die nur noch Playlists hören.