„Mehr als nur ein Moment“

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Zum Chefkoch des Jahres gekürt zu werden, ist eine Auszeichnung, die verpflichtet. Sie zollt einem hohen Maß an Präzision und kulinarischer Handwerkskunst auf höchstem Niveau gebührenden Respekt. Manche Menschen heben nach solch einer Anerkennung ab. Yann Castano, 36-jähriger Chefkoch mit französischen Wurzeln und Vater einer sechseinhalb Jahre alten Tochter, nicht.

Selbstverständlich habe er sich über die Auszeichnung sehr gefreut. Er wertschätzt sie aber auf seine Art und Weise als Mensch und als Koch – diskret, sympathisch, bodenständig, fokussiert. Und als ausgewiesener Team-Player zollt er jedem, der dazu beigetragen hat, die gebührende Anerkennung.

„Meine Wurzeln liegen im Mittelmeerraum“

„Meine ‚kulinarischen‘ Wurzeln liegen im Süden Frankreichs, ich komme aus Marseille“, erzählt der Chefkoch. Der Urgroßvater mütterlicherseits war Neapolitaner, die Großmutter väterlicherseits kam aus Spanien. „Meine Wurzeln liegen im Mittelmeerraum“, erzählt Yann Castano mit einem Lächeln.

Dieser Einfluss ist bezeichnend für die Richtung seiner Küche. „Es ist eine mediterrane, italienische, großzügige – wie die Italiener selbst – Küche, die innovativ zugleich ist.“ Dennoch war diese Richtung in der kulinarischen Biografie des jungen Kochs nicht per se vorgegeben. „Die Rückkehr zu meinen Wurzeln habe ich nicht unbedingt gesucht. Sie hat sich ergeben. Dass das Thema von ‚Oro et Argento‘ unter dieser Prämisse stand, passte sehr gut. Das ist etwas, das ich mag“, bestätigt er.

Fotograf oder Koch?

Die Inspiration für die Gourmetküche liefern oft die Produkte selbst, sagt Küchenchef Castano. Bevorzugt werden regionale Erzeugnisse, das Gemüse liefert unter anderem „Les Paniers de Sandrine“ aus Münsbach. Als weitere Inspirationsquellen dienen Präsentationen und Kostproben bei Kollegen, die das Team um Castano auf seine Art und Weise neu interpretiert. „Man muss immer offen und neugierig für Neues im Beruf bleiben“, unterstreicht der Küchenchef, der als Kind einen künstlerischen Weg einzuschlagen gedachte.

„Ursprünglich wollte ich Fotograf werden“, sagt er und lacht herzlich über seinen früheren Berufswunsch. Eine Kunstdomäne ähnlich der gehobenen Gastronomie, aber „nach Ansicht meiner Schwester etwas übersättigt, was Stellenangebote und Karrierechancen anging“. Außerdem waren beide Großmütter „sehr gute Köchinnen“, sodass aus dem Fotografie-Traum der Traumberuf Gourmetkoch wurde.

Harte Schule bis zum Erfolg

Die Liebe zum Essen – „Sieht man es mir nicht an?“, scherzt Yann Castano – erwies sich als ausschlaggebend. Sein beruflicher Werdegang begann klassisch, mit einer Ausbildung an der Hotelschule in Marseille. Danach arbeitete er bei dem, nach eigenen Angaben, „besten Caterer der Stadt“, bevor er nach Paris ging, um in einem Sternerestaurant in einem „Sofitel“ tätig zu sein. Es folgten Etappen im Casino in Aix-en-Provence und in der Schweiz, bevor er nach Luxemburg kam und blieb. „Mitte Juni werden es genau 16 Jahre, seitdem ich mich nicht mehr von hier wegbewegt habe“, scherzt der Chefkoch.

In dieser Zeit habe er vergleichen können, worin sich Luxemburg und seine Heimat ähneln und unterscheiden. „Es gibt viele Unterschiede“, stellt Yann Castano fest. „Zum einen ist da das Klima. Zum anderen sind die Menschen anders. In Luxemburg haben wir sehr anspruchsvolle Gäste, was gleichzeitig die eigenen Ansprüche an unsere Arbeit höherschraubt und uns zu Höchstleistungen antreibt.“

Schwierige Suche nach gutem Personal

Im Rahmen des Eurotoques-Projekts „Jonk Chefs“ engagiert sich der erfahrene Küchenchef in der Förderung junger Kollegen. „Dort arbeiten wir an der Zukunft unseres Berufs, der kein leichter ist. Es ist sehr schwierig, gute Leute für die Küche und für das Restaurant zu finden“, bedauert der Chefkoch.

Sorgen bereitet ihm auch eine Entwicklung, die nicht nur Bäcker in Luxemburg und Frankreich anmahnen. „In Frankreich ist das Bäckerhandwerk dabei, zu verschwinden. Die Industrie dringt mit Fertigprodukten auch in die Restaurants vor. Dagegen anzukämpfen, ist sehr schwierig“, ärgert sich Castano.

Doch der Vollprofi lässt sich nicht entmutigen und spricht lieber von Produkten und Gerichten, die ihm am Herzen liegen. Wie die Rotbarbe mit Jus von der Korianderwurzel, die er beim „Gala Gault & Millau“ kredenzt. Fisch, sagt Castano, mag er am liebsten, eine Leibspeise habe er aber nicht.

Anerkennung für alle

So bodenständig der Mann aus Marseille ist, so habe die Auszeichnung seinen und den Alltag des Restaurant-Teams verändert: „Wir versuchen, dieselben zu bleiben. Es stimmt aber, dass mehr Gäste zu uns kommen und uns daher kritisch beobachten.“ Die Auszeichnung, die tägliche Arbeit in der Küche, unterstreicht der Chefkoch, sei keine persönliche Errungenschaft. Er blickt gerade zum Sous-Chef Christopher Santana, der seit rund 15 Jahren seinem Team angehört, ebenso zu Stellvertreter Fetih Kerbache. Der Chef-Patissier ist seit 26 Jahren im „Oro et Argento“ tätig.

„Der Chef des Jahres ist mehr als nur ein Moment, es ist die Leistung eines ganzen Teams. Hier geht es nicht nur um Hauptprotagonisten, sondern um alle, die im Hintergrund handwerklich tätig sind und ebenso Anerkennung verdienen.“