Corona-Tagebuch (48)Dienstag, 12. Mai: Geisterspiele boykottieren!

Corona-Tagebuch (48) / Dienstag, 12. Mai: Geisterspiele boykottieren!
Auf den Duft der Fußballwelt muss der Fußballfan weiter verzichten. Trotzdem soll der Ball am Wochenende wieder rollen, auch in Dortmund. Foto: AFP

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Das Coronavirus beherrscht das Leben in Luxemburg. Die Lage scheint jetzt etwas entspannter, ist aber immer noch weit entfernt von gewohnter Normalität. Eigentlich genau der richtige Zeitpunkt, um seine Gedanken mal wieder in einem Tagebuch niederzuschreiben. Was fällt uns auf, was empfinden wir und was erwarten wir? Das Corona-Tagebuch des Tageblatt gibt Einblick in diese Gedankenwelt.

Stell dir vor, liebes Tagebuch, es ist Fußball und keiner geht hin. Ja, in Deutschland wollen sie am Wochenende tatsächlich wieder spielen, ohne Publikum, versteht sich von selbst. „Fußball ist Ding, Dang, Dong. Es gibt nicht nur Ding“, sagte einst ein großer Trainer aus Italien. Und weil das so ist, haben die von der Bundesliga ein Konzept ausgearbeitet, das den Fußballbetrieb in Zeiten der sanitären Krise bis ins kleinste Detail regelt. Mannschaften in Quarantäne, Trainer mit Mundschutz, Sicherheitsabstände auf den Ersatzbänken, aber gleichzeitig körperbetonte Duelle auf dem Rasen …

„Dies ist überlebensnotwichtig für den Verein“, hätte ein bekannter Sportmoderator dazu gesagt. In der Tat geht es um 750 Millionen Euro Fernsehgelder. Dafür wird alles Menschenmögliche getan. Sachen, die noch nicht einmal für – Achtung, jetzt kommt das schrecklichste Wort von allen – systemrelevante Bereiche getan werden können. Ist es etwa nicht absurd, wenn Massentests in der Bundesliga möglich sind, in Altersheimen aber nicht? Ein anderer Reporter stellte einst fest: „Was Sie hier auf dem Rasen sehen, kostet viele, viele, viele Millionen Geld, wenn man diese Spieler kauft.“ Und an den Trog mit vielen, vielen, vielen Millionen Geld wollen natürlich viele, viele, viele Menschen ran. 

Egal, mal schauen, was aus dem schönen Plan wird, wenn die erste Mannschaft wegen positiver Fälle aus dem Spielverkehr gezogen werden muss. „Ich wage eine Prognose: Es könnte so oder so ausgehen“, hätte Big Ron dazu gesagt, und der Jens hinzugefügt: „Aber das ist Schnee von morgen.“

Ich, liebes Tagebuch, werde mir das nicht in der Glotze anschauen, obwohl ich dir ja schon geschrieben habe, wie sehr mir Fußball fehlt. Und ehrlich gesagt hoffe ich, dass möglichst viele Fans das auch so handhaben. „Sollten Sie dieses Spiel atemberaubend finden, dann haben Sie es an den Bronchien“, kommentierte früher ein anderer Moderator. Das wäre in Coronazeiten aber ganz schlecht. Deshalb: Geisterspiele gehören boykottiert! Sie pervertieren das, um was es im Fußball eigentlich geht. Es geht eben nicht um Geld, sondern um Menschen und um Werte. Nicht demjenigen, der am meisten bezahlt, gehört der Fußball. Sondern den Menschen, die diesen Sport so lieben. 

Für solche Romantik ist im Fußballgeschäft des 21. Jahrhunderts wenig Platz, in Coronazeiten wohl noch weniger. Die Fragen sind also jetzt: Werden die Profis die Abstandsregeln einhalten? Wie wird der Schiedsrichter mit der Virenschleuder Pfeife umgehen? Können die Spieler ohne Ansporn durch die Zuschauer überhaupt ein gewisses Maß an Aggressivität aufbauen? „Hass gehört nicht ins Stadion“, sagte jedenfalls mal ein Terrier, „solche Gefühle soll man gemeinsam mit seiner Frau daheim im Wohnzimmer ausleben.“  Ein Spruch, der in Quarantäne-Zeiten aktueller denn je ist.  

Noch Fragen, liebes Tagebuch? Falls ja, dann meld dich am besten bei unserem Sportministerium. Das sorgte am Wochenende in den sozialen Netzwerken für allgemeine Belustigung mit seiner Liste der nun erlaubten Sportarten: Dazu gehören auch American Football, Rugby und … Fußball. Aber nur, wenn ohne Körperkontakt gespielt wird. In diesem Sinne: „Wenn wir hier nicht gewinnen, dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt.“ Liebes Tagebuch, ich habe fertig!

Das Tageblatt-Tagebuch

Das Leben ist, wie es ist. Corona hin oder her. Klar, die Situation ist ernst. Aber vielleicht sollte man versuchen, ein wenig Normalität in diesem Ausnahmezustand zu wahren. Deshalb veröffentlicht das Tageblatt seit dem 16. März (s)ein Corona-Tagebuch. Geschildert werden darin persönliche Einschätzungen, Enttäuschungen und Erwartungen verschiedener Journalisten.