With great power comes great ridicule – Der Film „Glass“ von M. Night Shyamalan

With great power comes great ridicule – Der Film „Glass“ von M. Night Shyamalan

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Mit „Glass“ verbindet M. Night Shyamalan seine beiden Filme „Unbreakable“ und „Split“ zu einer abstrusen Superhelden-Trilogie – und ruiniert damit im Nachhinein die akzeptabelsten Werke seiner Karriere.

Wenn Tarantino einen Kameo-Auftritt in einem seiner Filme hat, löst dies oft einen augenzwinkernden Verfremdungseffekt aus. Taucht hingegen Shyamalan in einem seiner Filme auf, sollten die Alarmsignale aufleuchten: Man erinnere sich beispielsweise an seinen Auftritt in „Lady in the Water“, in dem er als messianistische Schriftsteller-Figur gänzlich ironiefrei die Welt retten wollte.

So ist es definitiv kein gutes Zeichen, dass Shyamalan gleich zu Beginn von „Glass“ kurz aufkreuzt. Und tatsächlich bestätigt der Film, der die Welten von „Unbreakable“ und „Split“ verbindet, diese unangenehme Vorahnung.

Zu Beginn läuft der überstarke David Dunn (Bruce Willis) als „The Overseer“ mit Kapuze durch die Gegend, um Kleinkriminelle zu fangen – so, als würde Batman sich ausschließlich mit Taschendieben in der U-Bahn auseinandersetzen – und trifft schnell auf den schizophrenen Fiesling aus „Split“ (James McAvoy), der wieder mal einige knapp bekleidete Cheerleader gefangen hält.

Nach dem Showdown in die Klapse

Es kommt zum verfrühten und unspektakulären Showdown, beide landen in einer psychiatrischen Anstalt, deren Sicherheitsmaßnahmen so lachhaft sind, dass man sich später fragt, wieso die Insassen nicht Tag und Nacht einfach abhauen, treffen dort auf Elijah (Samuel L. Jackson), den Massenmörder mit Glasknochen aus „Unbreakable“, und müssen der Psychiaterin Ellie Staple (Sarah Paulson) Rede und Antwort stehen. Diese möchte ihnen einflößen, dass sie allesamt keine Superkräfte haben, sondern bloß einem Superheldenwahn unterliegen. Es folgen ein endloses Huis Clos, ein langweiliger Ausbruchsversuch und ein zweiter misslungener Showdown.

Der Plot ist lachhaft, die Handlungslöcher zahlreich, die Schauspieler hölzern, die Figurenzeichnung schwach, die Dramaturgie inexistent (Samuel L. Jackson sitzt über 60 Prozent der Spielzeit stumm im Rollstuhl, Willis ist kaum präsent) und die Dialoge so lächerlich, dass man sich fragt, wie es den Schauspielern überhaupt gelang, diese ernsthaft vor der Kamera runterzurattern, sodass der Zuschauer bloß aus seiner Lethargie gerissen wird, um sich über all dies aufzuregen.

Altbackene Überlegungen

Am schlimmsten aber ist die Metadimension – Shyamalan baut altbackene Überlegungen über Superheldenfilme und Klischeevorstellungen über Comics ein, der Film wirkt, als würde ein untalentierter Filmstudent ihn mit billigen Kommentaren begleiten.

Night Shyamalans Schaffensgeschichte ist fast tragisch: Nachdem der Regisseur für seinen Kassenknüller „The Sixth Sense“ und „Unbreakable“ gefeiert wurde, zeugten seine anschließenden Filme von einem ästhetischen Verfall, der in dem kontinuierlichen Schwinden von Qualität und Anspruch schon fast wie ein ästhetisches Vorhaben wirkte.

Waren „Signs“ und „The Village“ noch einigermaßen erträglich, brachte Shyamalan mit Filmen wie „The Happening“, „The Last Airbender“ und „After Earth“ Machwerke in die Kinos, die unter dem Lack ihrer eigenen Eingebildetheit kaum verstecken konnten, dass hier einfallslose Geschichten mit unterirdischen Dialogen in schlecht gedrehten Filmen serviert wurden.

Aus irgendeinem Grund haben die Cahiers du cinéma Shyamalans Werke immer stets toll gefunden – aber dies zeugt allemal von diesem Hipstergestus, der darin besteht, fast zufällig ästhetischen Müll in verschwurbelten Interpretationen hochzuschaukeln, weil man sich so an der eigenen kritischen Kongenialität aufgeilen kann (schließlich hat man in seiner Analyse das irrelevante Kunstwerk aufgewertet) – eine Geste, die auch die Musikkritiker von Pitchfork manchmal dazu verleitet, vorgefertigte Songs aus der Popmikrowelle toll zu finden.

Unglaubwürdiger Twist

Mit „The Visit“ und „Split“ rappelte sich Shyamalan, der zu Recht von den Hollywood-Produzenten kein Geld mehr bekam, wieder auf. „Glass“ gelingt es aber, diese Bemühungen wieder zunichtezumachen – unter anderem auch, weil der Film fast ausschließlich einem Twist entgegensteuert, der sowohl unglaubwürdig als auch voraussehbar ist.

So ist es irgendwie schon interessant, dass Tarantino und Shyamalan eine Liebe für Cameo-Auftritte teilen. Denn da, wo Tarantino aus Trash wahre Kunstwerke bildet, glaubt Shyamalan, Kunst zu machen, fabriziert aber tatsächlich bloß humorlosen Trash.