„Warum Marx recht hat“

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(dpa)

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Der britische Marxist und Literaturwissenschaftler Terry Eagleton sieht im schon oft totgesagten Sozialismus die Zukunft. Die Gründe erläutert er in seinem neuen Buch "Warum Marx recht hat".

Globalisierung und die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hat zu einer erneuten Debatte über Begriff und Definition von Kapitalismus geführt. Kulturinstitute empfehlen Veranstaltungen wie „Das Kapital neu lesen“, Theatergruppen widmen sich Projekten wie „Karl Marx/Das Kapital“, der Regisseur Alexander Kluge versucht eine künstlerische Annäherung an das Thema und der US-Sänger und Songwriter Randy Newman rät zur Lektüre des „Kommunistischen Manifests“ von Karl Marx. Auch der britische Literaturwissenschaftler und Marxist Terry Eagleton („Das Böse“) erläutert nun in seinem neuen Buch „Warum Marx recht hat“.

Eagleton greift die seiner Meinung nach zehn geläufigsten Kritikpunkte an Marx auf und versucht, sie zu widerlegen. Dabei gelingt ihm ganz nebenbei auch eine gut verständliche und sogar unterhaltsame Einführung in das philosophisch-gesellschaftskritische Werk von Karl Marx. Wer sich noch nie mit diesem Thema beschäftigt hat, ist bei Eagleton gut aufgehoben. Dabei geht es keineswegs nur um reine Wirtschaftstheorien, Eagleton gibt auch Einblicke in die allgemeine Lebensphilosophie. Dass dabei der politische Partner Friedrich Engels nicht fehlt, versteht sich von selbst.

„Mit Vorsicht zu genießen“

Eagleton geht ganz im Sinne seines großen Vorbildes dialektisch vor und räumt immer wieder auch Fehler des Marxismus und Vorzüge des Kapitalismus ein. Manche Marx-Thesen seien durchaus „mit Vorsicht zu genießen“, meint Eagleton. Der Kapitalismus habe hingegen auch für viele Menschen materielle Fortschritte gebracht. Doch seit Mitte der 70er Jahre habe das westliche Wirtschafts- und Gesellschaftssystem tiefgreifende Veränderungen erlebt.

So fand eine „Verlagerung von der traditionellen Industrieproduktion hin zu einer ‚postindustriellen‘ Konsum-, Kommunikations-, Informations- und Dienstleistungskultur statt“. Hinzu sei der plötzliche Abschwung des Nachkriegsbooms gekommen. Während einerseits in Ländern wie China oder in bestimmten Branchen „erbarmungslose Arbeitsverhältnisse“ herrschten, ließen sich Manager einen Dreitagebart stehen, rissen sich den Schlips ab, knöpften den Hemdkragen auf und wollten von ihren Angestellten unbedingt geduzt werden. Die Klassengesellschaft gehöre nicht der Vergangenheit an, so Eagleton, „nur weil Vorstandschefs heute in Turnschuhen herumlaufen“.

Marx als „romantischer Philosoph“

Eagleton gibt zwischendurch leicht verständliche Einblicke in die Geschichte der modernen Philosophie mit Vertretern wie Nietzsche, Feuerbach, Wittgenstein, Adorno oder Habermas. Marx wird dabei als „romantischer Philosoph“ und als „einer der bedeutendsten Denker der Moderne“ vorgestellt. Marx sei nicht der „blutleere, klinische Denker, der durch die Köpfe der Antimarxisten geistert“, meint Eagleton.

Karl Marx habe dem Gleichheitsbegriff immer misstraut und auch nicht von einer Zukunft geträumt, „in der alle in Overalls mit einer Sozialversicherungsnummer auf dem Rücken stecken“. Vielmehr habe Marx auf Vielfalt gehofft, auf ein besseres, aber auch sinnvolles Leben für möglichst viele Menschen.