Truffauts Liebling

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Wer die französische Schauspielerin Fanny Ardant nur als Witwe des genialen Filmemachers und leidenschaftlichen Frauenfreundes François Truffaut betrachtet, begeht gleich einen doppelten Fehler. Wolfgang Hübner, Frankfurt

Die Offizierstochter, die am 22. März 60 Jahre alt wird, war zwar die letzte Lebensgefährtin und Lieblingsdarstellerin des bereits 1984 verstorbenen Truffaut, doch verheiratet war Ardant mit dem Regisseur ihrer größten Erfolge nie, allein sein Geschöpf war die selbstbewusste Künstlerin ebenso wenig.
Jedoch verdankt Ardant ihren Durchbruch zu internationalem Ruhm den beiden Filmen, die Truffaut mit ihr als Hauptdarstellerin drehte: 1981 agierte sie an der Seite von Gérard Depardieu höchst verführerisch als „Die Frau von nebenan“, 1983 in dem letzten Film Truffauts war sie neben Jean-Louis Trintignant in „Auf Leben und Tod“ zu sehen.

Eigenwillige Persönlichkeit

Das Publikum war begeistert von einer Frau, die keine Dutzendschönheit war, aber auf faszinierende Weise so sinnlich wie intelligent wirkte, dazu auch stets elegant geheimnisvoll. Dass sie auch ohne den großen Regisseur auf der Leinwand bestehen konnte, hat Ardant in viele Filmen seitdem bewiesen. Denn die ehemalige Klosterschülerin, die Politologie studiert hat, absolvierte eine solide Ausbildung als Schauspielerin und profilierte sich auf Bühnen in Frankreich und Italien, bevor sie 1979 in dem TV-Mehrteiler „Die Damen von der Küste“ von Truffaut entdeckt wurde. Nach dessen Krebstod wirkte Ardant in drei Filmen von Alain Resnais mit.
Und auch für Volker Schlöndorff und dessen ehemalige Ehefrau Margarethe von Trotta stand die Französin je einmal vor der Kamera: 1984 für Schlöndorffs Literaturverfilmung „Eine Liebe von Swann“, 1988 für von Trottas Drama „Fürchten und Lieben“. Im Theater überzeugte Ardant 1996/97 als Maria Callas in dem von Roman Polanski inszenierten Bühnenhit „Meisterklasse“. Auch für die Kinofassung von Franco Zeffirelli spielte sie die Primadonna.

Selbstbewusste Schönheit

2008 hat Ardant in Paris sogar eine Oper inszeniert, das Echo der Kritik auf dieses Regieexperiment war jedoch sehr geteilt. Allgemein gelobt wurde hingegen ihre Leistung in François Ozons Erfolgsfilm „8 Frauen“, in dem die Schauspielerin neben etlichen berühmten französischen Kolleginnen wie Catherine Deneuve eine glänzende Figur machte.
Weiterhin ist die unverheiratet gebliebene Mutter von drei Töchtern von drei verschiedenen Vätern eine gefragte Künstlerin, die auch mit ihren politischen Anschauungen nicht hinter dem Berg hält. 2007 bezeichnete sie einen verurteilten italienischen Terroristen als Helden, weil er seinen Überzeugungen treu geblieben sei.
Dieses fragwürdige Bekenntnis brachte ihr großen Ärger, aber auch einige Bewunderung ein. Fanny Ardant ist eben nicht nur äußerlich eine eigenwillige Schauspielerin und Persönlichkeit.
Das hat einst das Kinogenie Truffaut fasziniert, und oft genug und noch immer auch das Publikum.