/ Rheinromantik als Leitmotiv
Und so wollen wir diesmal einen ganz besonderen Kurzurlaub vorschlagen, der auf ideale Weise die Faszination einer wunderschönen Flusslandschaft mit den Landschaften in unserem Kopf vereint und uns dieses doppelte Landschaftserlebnis auf vielschichtige Weise präsentiert.
Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen, das Mittelrhein-Museum Koblenz und das Siebengebirgsmuseum in Königswinter haben sich unter dem Titel „Rhein-Blicke 2011“ zu einer Marketingkooperation mit dem Thema „Rheinromantik“ zusammengeschlossen. Hierbei geht es in sich ergänzenden Ausstellungen um die Wahrnehmung der Rheinlandschaft und ihren Wandel in den letzten 200 Jahren. Dabei begeistern nicht nur diese hervorragend konzipierten Ausstellungen, sondern auch die Ausstellungsorte selbst.
Angefangen beim Mittelrhein-Museum mit seiner im Rahmen der Bundesgartenschau Koblenz eröffneten Depotwerkschau „Bilder+Reise+Bilder. Europäische Landschaften des 19. und 20. Jahrhnderts“ (bis zum 16.10.2011).
Im Mittelpunkt steht, trotz der Ausdehnung der gezeigten Werke auf Europa und darüber hinaus, der Rhein mit seinen typischen Landschaften, die lange Zeit eine ganz besondere Faszination auf die Künstler ausübten, wobei man bei der Thematisierung der Rheinromantik den Unterschied machen muss zwischen der Landschaft selbst und der geistesgeschichtlichen Entwicklung des 19. Jh., die man als „Rheinische Romantik“ bezeichnet.
Von den Tausenden Werken des MRM zählen nur ein Teil im eigentlichen Sinne zur Rheinromantik, so wie sie unter dem Titel „Kenns Du das Land … – Landschaften des 19. und 20. Jahrhunderts“ gezeigt wird. Wie der Rhein im Laufe dieser Zeit gesehen wurde, hängt davon ab, von wem er gesehen wurde. Und das waren bis Ende des 18. Jh. vornehmlich die Niederländer, auf die die Engländer folgten, die wesentlich zur Prägung der „Sehnsuchtslandschaften“ der Touristen beitrugen. Die bekanntesten Koblenzer Rheinmaler nutzten ihrerseits die Gelegenheit, um für die Touristen gefällige, gut verkäufliche Veduten zu produzieren …
Burgromantik und mehr
Der Weg der Ausstellung führt weiter zu der umgebenden Landschaft mit den thematischen Schwerpunkten „Flusslandschaften“, „Burgenromantik“, „Eifel und Hunsrück“, der Blick verschiebt sich auf rauere Landschaften und Nebenflüsse, der Rhein wird zunehmend kritisch-ironisch dargestellt, bis hin zu dem eher distanzierten Verhältnis der zeitgenössischen Künstler.
Die Reise beschränkt sich jedoch nicht auf den Rhein, sondern folgt den Landschaftsmalern bis nach Norwegen und in die Normandie, nach Italien mit Rom und Pompeji, nach Nordafrika, Griechenland und Konstantinopel – Reisen, die man natürlich auch im Kontext der jeweiligen politischen Situation und den sich daraus ergebenden Reisebedingungen sehen muss.
Das Mittelrhein-Museum gründet auf einer Stiftung des Pfarrers Joseph Gregor Lang und öffnete 1835 als „Städtische Gemäldesammlung“. Nach diversen Zwischenetappen zog das Museum 1965 in die wieder aufgebauten historischen Gebäude am Florinsmarkt. Die Sammlungen umfassen inzwischen mehr als 2000 Jahre Kunst- und Kulturgeschichte, von der Vor- und Frühzeit und der Antike über das Mittelalter, die Frühe Neuzeit, den Barock und die Romantik bis zum 19. Jh., der Klassischen Moderne des 20. Jh. und den Zeitgenossen.
Ein neuer Kulturbau
Im nächstem Jahr bekommt das MRM einen wunderschönen neuen Sitz nicht weit vom derzeitigen Standort. In der Tat beschloss die Stadt Koblenz 2005, einen neuen Kulturbau zu errichten, der mit einem großen Shopping-Zentrum zusammen einen außergewöhnlichen architektonischen Komplex bildet. In diesem neuen Kulturbau werden die drei Funktionen einer modernen Mediathek, des Museums und eines Präsentations- und Informationszentrum vereint. Das neue MRM wird mit seiner Dauerpräsentation im gesamten ersten Obergeschoss, seiner Wechselausstellungsfläche im Untergeschoss, mit Grafischer Sammlung, Museumsbibliothek, Verwaltung und umfangreichen Depots optimale Präsentations- und Arbeitsmöglichkeiten bekommen, Café und Shops inklusive.
Als Fachmuseum für Rheinromantik (nicht zuletzt dank einer Kooperation mit der privaten Sammlung RheinRomantik), das sowohl die künstlerische Landschaftsrezeption wie auch die Prägung der Landschaft durch historische Ereignisse und wirtschaftliche Einflüsse dokumentiert, bietet das Gebirgsmuseum in Königswinter jetzt, nach Fertigstellung eines Erweiterungsbaus, eine komplette Neukonzeption seiner Landschaftspräsentation.
Siebenbergmuseum
Das Siebengebirgsmuseum hat seine Ursprünge im Jahr 1927, als eine Gründung des heutigen „Heimatvereins e.V.“. 1934 bezog die Sammlung den sog. „Barockbau“ aus dem Jahr 1732. 1984 und 1994 wurde das Museum baulich erweitert und inhaltlich neu ausgerichtet. Ebenfalls 1984 wurde die Trägerschaft von der Stadt Königswinter übernommen. In diesem Frühjahr wurde ein Neubau fertiggestellt, der die bisher getrennten Baukomplexe miteinander verbindet.
Mit seiner neuen Dauerausstellung zum Schwerpunktthema Rheinromantik trägt das Museum zur Kooperation „Rhein-Blicke 2011“ bei. Analog zur Betonung der Landschaftsmalerei zieht sich wie ein roter Faden ein enger Bezug zur Landschaft durch die weiteren Ausstellungsbereiche. Die lange Tradition des Rheintourismus spiegelt sich in Reiseandenken, -utensilien und -literatur, in Unterhaltungsautomaten, Hotelsilber, Plakaten und Werbeprospekten, Postkarten und Andenkenfotos aus den letzten 200 Jahren wider.
Spuren von Geschichte und Wirtschaft
Die landschaftliche Orientierung gilt auch für historische Themen, wobei auf konkrete Punkte und Schauplätze der Geschichtslandschaft Siebengebirge verwiesen wird. Vervollständigt wird das Ganze durch die Darstellung wirtschaftlicher Themen und bleibender Spuren im Landschaftsbild (cf Steinabbau).
Entsprach das Mittelrheintal mit seinen Burgen und Ruinen der romantischen Idee einer fernen, idealisierten Zeit, so wurde der Rhein mit Ernst Moritz Arendt politisch; die zunehmende Historisierung der Landschaft wurde auch im Wiederaufbau der Rheinburgen deutlich.
Dieser Erscheinung kann man sich im Siebengebirgsmuseum auf unterschiedliche Weise nähern, durch eine interaktive Medienstation z.B., aber auch durch Bücher und eine Hörstation, und natürlich die Gemäldesammlung RheinRomantik, die aufzeigt, wie 200 Jahre europäische Landschaftsmalerei durch die Romantik geprägt wurden.
Der wichtigste Rohstoff des Siebengebirges war jahrhundertelang sein Gestein, in dessen Abbau das Museum Einblick gibt, unter besonderer Berücksichtigung des Baus von Backöfen mit regionalen Steinen. Der Rhein bot beste Voraussetzungen für den Gütertransport, z.B. auf riesigen Holzflößen im 17. und 18. Jh.
Begehbares Archiv
Viele Plätze des Siebengebirges bergen Erinnerungen an besondere Ereignisse, die in einem begehbaren Archiv dokumentiert werden, wobei eine Medienstation den Bezug zwischen Objekten und Landschaft verdeutlicht.
Die Ausstellung über den Rheintourismus im 19. und 20. Jh. zeigt dessen Entwicklung von den anfangs praktisch ausschließlich Adligen und begüterten Bürgern auf ihren Bildungsreisen bis zur progressiven Demokratisierung des Reisens und des Vergnügungstourismus im Laufe des 19. Jh., zu der auch moderne Verkehrsmittel wie das Dampfschiff und die Eisenbahn beitrugen.
Das Siebengebirge bot die notwendige Hotelinfrastruktur, Wanderwege, Kutschfahrten und Souvenirs für jeden Geldbeutel. Daneben erfährt man, was Reisende im 19. Jh. in ihren Koffer packten, wie sie reisten, sich vergnügten und wo sie logierten.
Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Zwei Ausstellungen zum Thema „Romantische Landschaft“ schließen das Jahresthema „Natur & Landschaft“ des Arp Museums Bahnhof Rolandseck ab. „Rheinromantik. Mythos und Marke“ (bis 4.3.2012) thematisiert die Wiederentdeckung des Rheins und der Landschaft zwischen Drachenfels und Loreley im 19. Jh. durch die Bildende Kunst und Literatur, sowie den aufkommenden Rheintourismus und den zunehmenden Nationalismus. Die parallel im Neubau gezeigte Ausstellung „Belvedere. Warum ist Landschaft schön?“ (ebenfalls bis zum 4.3.2012) fragt nach den Sehnsuchtsorten der zeitgenössischen Bildenden Kunst.
Die hier im Mittelpunkt stehende Kulturlandschaft ist romantischer Mythos und früher Tourismusmagnet zugleich. Um die Wende vom 18. zum 19. Jh. wurde der Rhein zum deutschen Strom schlechthin und damit auch vom romantischen zum touristischen Sujet. Die Ausstellung im Bahnhof Rolandseck zeigt, in vier Kapitel gegliedert, in verschiedenen Kunstgattungen, in Literatur, Liedgut und in der Souvenirproduktion die Vielzahl von Bildern und literarischen Motiven, die noch heute die Wahrnehmung des Rheintals prägen.
Im Mittelpunkt steht der Künstlerische Blick, denn die beliebten Motive wurden in Malerei, Druckgrafik oder Fotografie immer wieder dargestellt. Die hier zu beobachtende Idealisierung trieb den Sagenhaften Blick auf die Spitze, das heißt, den durch volkstümliche Sagen und idealisierte Darstellungen beförderten Mythos Rhein. Nach dem Ende der Napoleonischen Zeit und mit der Vorführung der Macht Preußens wird der Blick zunehmend national. Besonders vereinnahmt aber hat der Touristische Blick den romantischen Rhein, wie die frühe Reiseliteratur und die ausufernde Souvenirproduktion bezeugen. Den Auftakt zur Ausstellungen bildet denn auch eine Installation von rd 100 Bowletöpfen mit rheinromantischen Motiven, die die weite Verbreitung der romantischen Bildwelten vor Augen führt.
Landschaftals Sehnsuchtsort
„Belvedere. Warum ist Landschaft schön?“ geht, wie der Titel es sagt, vom Begriff des Belvedere aus, der schönen Aussicht, meist von einem erhöhten Standpunkt, der einen weiten Blick auf die Landschaft ermöglicht und sie aus dieser Perspektive wie ein Bild zeigt. Diese Ausstellung zeigt auch, dass unsere Wahrnehmung von Landschaft immer auch zeitgebunden und durch Weltanschauungen, Ideologien und Moden beeinflusst wird. Hier finden wir Arbeiten von 24 zeitgenössischen Künstlern, die die Landschaft als Projektionsraum und Sehnsuchtsort untersuchen. Damit wird die Entwicklungsgeschichte der Landschaftsmalerei vom Mittelalter bis zum Impressionismus in der Kunstkammer Rau bis in die Gegenwart hinein fortgesetzt. Mit der Sammlung Rau für Unicef verfügt das Arp Museum für die kommenden Jahrzehnte über rd. 240 herausragende Gemälde von der Renaissance bis zur Moderne.
Landschaftsdarstellungen setzen sich heute häufig mit der Frage auseinander, wodurch unser Blick auf Landschaft bestimmt wird, wann und warum wir sie schön finden. Der Untertitel „Warum ist Landschaft schön?“ geht auf den Soziologen Lucius Burckhardt (1925-2003) zurück, der eine Methode der Landschaftswahrnehmung entwickelte, die das selbstständige Sehen und das kritische Erkennen unserer Umwelt zum Ziel hatte.
In den 1970er und 80er Jahren wandten sich Künstler in den Bereichen der Pop Art, der Land Art und der Konzeptkunst verstärkt dem Begriff der Landschaft und der Konzeption von schöner Landschaft zu, wobei Technik und Herstellungsverfahren selbst thematisiert wurden. Der veränderte Blick der Gegenwart beweist zudem, dass industriell geprägte Landschaften schön sein können, ohne dabei die Verletzbarkeit der Natur zu ignorieren.
Der Begriff Belvedere lässt sich aber auch auf die Gebäulichkeiten des Arp-Museums selbst anwenden. Sowohl der klassizistisch-romantische Bahnhof Rolandseck wie der Neubau von Richard Meier sind mit ihren spektakulären Ausblicken auf den Rhein in dieser Tradition zu sehen. Von hier aus kann man die Landschaft aus zahlreichen Perspektiven betrachten, wobei der künstlerische und der reale Blick auf die Landschaft immer wieder neue Verbindungen eingehen.
Arp-Museum
Neben den Ausstellungen zum Thema Rheinblicke lohnt sich ein Besuch im Arp Museum aber auch wegen der Werke des Namensgebers. Hans Arp (1886-1966), Maler, Bildhauer und Dichter, war bekanntlich einer der Mitbegründer des Dadaismus und gilt als Protagonist einer organischen Formensprache, die sich an der Metamorphose, an den Entstehungs- und Verwandlungsprozessen der Natur inspirierte, und damit auch die Entwicklung der biomorphen Plastik ab den 1930ern beeinflusste. Dieser Einfluss wird verdeutlicht durch die direkte Gegenüberstellung mit international bekannten und zeitgenössischen Künstlern.
Arps Frau, die Schweizerin Sophie Taeuber-Arp (1889-1943), deren Arbeiten ebenfalls hier vertreten sind, entwickelte aus Rechteck, Quadrat und Kreis ein geometrisch-abstraktes Ordnungssystem. Sie lehrte an der Züricher Kunstgewerbeschule, wo sie diese Bildsprache in Perlenstickereien, Tapisserien, Kostümen und Inneneinrichtungen umsetzte. Zudem arbeitete sie auch kreativ mit ihrem Mann zusammen. Rund 440 Werke der beiden erwarb das Land Rheinland-Pfalz, darunter frühe Zeichnungen, Collagen, Reliefs, Skulpturen in Metall, Marmor und Holz. Daneben wurden auch Werke bedeutender zeitgenössischer Künstler wie Rentmeier, Roth, Wewerka, Meese und anderer angekauft.
Bahnhof Rolandseck und Richard Meier
Nicht weniger interessant als die Sammlungen sind, wie bereits erwähnt, die Gebäulichkeiten des Arp-Museums. Der Bahnhof Rolandseck war von Beginn an ein lebendiger Treffpunkt von Künstlern, Politikern und gesellschaftlichen Persönlichkeiten. Gerettet wurde der verfallene Bahnhof durch den Bonner Galeristen Johannes Wasmuth, der seinen Abriss in den 60er Jahren verhinderte. Der Bahnhof ist ein außergewöhnliches Kulturdenkmal des frühen deutschen Eisenbahnbaus und bildet zusammen mit dem Neubau des amerikanischen Stararchitekten Richard Meier einen faszinierenden Museumskomplex.
Meiers offener und transparenter Bau, der durch einen Tunnel und oberirdische Passagen und einen spektakulären 40 m hohen Aufzugstrum mit dem Bahnhof verbunden ist, schafft, hoch über dem Fluss, fließende Übergänge zwischen Innen- und Außenraum. Die lichtdurchfluteten Ausstellungsebenen bieten Ausblicke auf den Rhein, die der Thematik eine interessante zusätzlich Dimension geben.
Als Erweiterung des Museums in die umgebende Landschaft hinein wurde das Skulpturenufer zusammen mit der Stadt Remagen auf 14 km entlang des Rheins entwickelt, unter Beteiligung bekannter Künstler.
Neben seinen Ausstellungen bietet das Arp Museum aber auch anderen Kunstformen großzügig Platz. So z.B. dem traditionellen „Rolandsecker Kammermusikfestival“ mit Musikern von Weltrang und zahlreichen weiteren Konzerten und Lesungen.
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