„Ratlos und heiter“

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MERSCH - Todesnah und lebensbejahend, existenziell und banal, „ratlos und heiter“: Die Gedichte Jean Kriers lassen einen nicht mehr los. Jedes einzelne konserviert ein Stück pures Leben.

Am Freitagabend nun wurde der Lyriker für seinen Gedichtband „Herzens Lust Spiele“ im Merscher Literaturhaus mit dem Servais-Preis ausgezeichnet, für das beste Buch des Jahres.

Jean Krier
Herzens Lust Spiele

Poetenladen 2011
www.poetenladen.de

Preisverleihungen können ziemlich dröge sein und langweilig. Vertreter aus Politik und Kulturförderung halten gut gemeinte Lobreden, der Laureat spielt Bewegtheit vor, und das Publikum schläft beinahe ein. Preisverleihungen können aber auch witzig sein, und bereichernd. Meistens dann, wenn die Redner es nicht nur gut meinen, sondern gut sind. Etwas verstehen von dem, was sie sagen, und Humor haben.

Schleichende Poesie

Dass die Verleihung am Freitagabend zu einem Highlight für Literaturfreunde wurde, lag natürlich vor allem am Preisträger selbst. Denn Jean Krier vermittelt das Gefühl, als schwebe er über dem Ernst. Leicht und tanzend spricht er über das Leben und den Tod. Die Grausamkeiten der menschlichen Existenz durchdringen schleichend seine Verse und treffen den Leser gerade durch diese Unaufgeregtheit wie ein Pfeil. Jean Krier geht es immer ums Ganze, doch verliert er dabei niemals Humor und Selbstironie. Weder beim Schreiben noch beim Reden.

Am Freitagabend, der musikalisch von Marcel Lallemang (Klarinette), Natalia Kovalzon (Klavier) und der Mezzosopranistin Monique Simon begleitet wurde, zeichnete Jean Krier kurz die Etappen nach, die er auf seinem Weg bis zu „Herzens Lust Spiele“, und damit bis zur Verleihung des Servais-Preises und des Adelbert-von-Chamisso-Preises der Robert-Bosch-Stiftung, gegangen war. Er erzählte von seinen ersten lyrischen Versuchen, als er, wie viele Menschen in der Pubertät, „Lyrik absonderte“, da seine unkontrollierbaren Gefühle zum Wort drängten. Doch sei es nun mal so, dass dabei – wenn man kein Genie sei – nicht mehr als Gefühlsduselei herauskomme. Denn Verse seien keine Gefühle. Sondern Erfahrungen. Ein Gedicht entstehe nicht, sondern werde gemacht. Mit viel Geduld müsse ein Dichter vor allem warten können. Erfahrungen und Erlebnisse müssten zu Erinnerungen werden, die mit der Zeit in Vergessenheit geraten und dadurch Teil des Menschen selbst werden. Erst dann werde dem Dichter etwas eingehaucht, das erste Wort könne aufstehen und zum Beginn eines Verses werden. Geduld sei der Eckpfeiler schöpferischer Arbeit, die einzige physische Anstrengung der Weg zum Kühlschrank, um zu sehen, ob noch genug Bier und Schinken da sei.

Lyrik mit viel Herz

Seinem Laudator, dem Literaturkritiker und Autor Michael Braun, gelang es in seiner Rede, eben genau diesen „heiteren Fatalisten“, diesen Lyriker, der sich auf das schwierige metaphysische Gelände der Ewigkeit begibt, ohne die Vergnügungen des Diesseits (Bier und Schinken!) aus dem Blick zu verlieren, zu fassen. Braun beschrieb Krier als einen Dichter, der „im Herzschlag“ schreibt, seine Lyrik als „Herzkammermusik“. Jean Krier sei ein Dichter, der seine Skepsis gegenüber vermeintlichen Gewissheiten der Theologie oder der Philosophie niemals aufgegeben hätte, der als „metaphysisch obdachlose Kreatur“ in der Sprache allein Halt finde.

Krier mobilisiere die Schrift, um sich gegen den Geltungsanspruch des Todes aufzulehnen. Und so feiere Krier die Poesie selbst als ein Elixier des Lebens. Bei einem Gläschen Weißwein wurde der Dichter dann zu späterer Stunde selbst gefeiert. „De Jean Krier ass zu Lëtzebuerg ukomm“, meinte Emmanuel Servais, der für die Stiftung sprach und der Jury für diese Wahl dankte. Und er hat recht, „Herzens Lust Spiele“ ist ein ganz besonderes Buch: Lyrik mit sehr viel Herz.