KlangweltenSound Snippets – Die Aktualität im Indie Rock

Klangwelten / Sound Snippets – Die Aktualität im Indie Rock
Robert Levon Been – The Card Counter (8/10)

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Fans des Black Rebel Motorcycle Club dürfen sich freuen. Zwar hat das kalifornische Rock-Trio noch nicht den Nachfolger seines Anfang 2018 veröffentlichten Albums „Wrong Creatures“ fertig. Dafür stellt deren Co-Sänger und Multiinstrumentalist Robert Levon Been sein Soloalbum „The Card Counter“ vor. Dieses ist zugleich der Soundtrack zu dem gleichnamigen Paul-Schrader-Film mit Oscar Isaac, Tiffany Haddish und Willem Dafoe.
Laut eigener Aussage fürchtete sich Been vor der Aufgabe, auf die Bilder abgestimmte Musik zu komponieren. Diese Herausforderung hat er jedoch gut gemeistert. „The Card Counter“ erinnert an eine sanfte Version des Black Rebel Motorcycle Club, für die er den Rock durch düstere Synthiesounds, New Wave und TripHop ersetzte. Been kann sogar Bedrohliches und Düsteres à la Trent Reznor/Atticus Ross komponieren („Casino Floor 1“, „Casino Floor 2“).

Jade Bird – Different Kinds of Light (6/10)
Jade Bird – Different Kinds of Light (6/10)

Galt die heute 23-jährige englische Singer-Songwriterin zu Beginn ihrer Karriere als vielversprechende Country/Folk-Musikerin, hat Jade Bird ausgerechnet in Nashville ihre Liebe zum Alternative Rock entdeckt. Auf „Different Kinds of Light“ klingt sie stellenweise nach Alanis Morissette („Honeymoon“) oder Sheryl Crow („Candidate“). Oder ist sie eine energische Version von Edie Brickell? Birds Songs versprühen Indie-Charme, haben aber oft wenig Ecken und Kanten (siehe das Titelstück). In „1994“ allerdings ertönen verzerrte Gitarren, die andere Rezensenten schon zu Vergleichen mit den Britpop-Legenden Blur und Oasis antrieben. Allerdings liegt ein Vergleich mit den US-Alternative-Rockern Pixies deutlich näher.

José González – Local Valley (8/10)
José González – Local Valley (8/10)

Sein erstes Soloalbum veröffentlichte José González anno 2003. „Local Valley“ ist aber erst das vierte des schwedischen Singer-Songwriters mit argentinischen Wurzeln. Die ungewöhnlich langen Pausen zwischen seinen Werken standen seinem Erfolg bis dato auch nicht im Wege. Kaum sind die ersten Songs seines vierten Albums gehört, ist die lange Wartezeit vergessen. Da ist er wieder, der versierte Gitarrist mit seinen melodischen, rhythmischen und detailreichen Folksongs mit lateinamerikanischen und afrikanischen Einflüssen und der zurückhaltende Sänger, der diesmal auf Englisch, Schwedisch und Spanisch singt. Mal agiert er alleine wie in der überragenden Folkballade „Line of Fire“, mal lässt er sich – statt wie früher von Congas oder Bongos – von einem Drumcomputer begleiten („Tjomme“).

We Were Promised Jetpacks – Enjoy the View (7/10)
We Were Promised Jetpacks – Enjoy the View (7/10)

Nach der Veröffentlichung ihres 2018er Albums „The More I Sleep The Less I Dream“ schrumpfte die schottische Indieband We Were Promised Jetpacks. Denn Gitarrist Michael Palmer ging in aller Freundschaft. Seitdem machen Adam Thompson, Sean Smith und Darren Lackie zu dritt Musik. In dieser Besetzung entstand das Album „Enjoy the View“, das insbesondere im ersten Teil mit leichtfüßigen, positiv stimmenden Indie-Rock-Klängen aufwartet, auch wenn die Texte wenig Freudiges vermitteln („Blood, Sweat, Tears“, „Don‘t Hold Your Breath for Too Long“). Später hat die Musiker vollumfänglich die Melancholie gepackt, ohne dass die Stimmungsschere zwischen Musik und Text auseinanderklafft („Not Me Anymore“).

Slovenly Hooks (8/10)
Slovenly Hooks (8/10)

Wir bleiben in Schottland. Dort kommt der heute in Sheffield lebende Musiker Craig B. her, der einst bei Aereogramme sang und Gitarre spielte. Nach der Auflösung der Band gründete er mit Iain Cook (heute Chvrches) The Unwinding Hours. Darauf folgten zwei Alben unter dem Namen „A Mote of Dust“ und die Ankündigung, kein Album mehr veröffentlichen zu wollen. Doch während des Lockdowns nutzte B. die Musik, um die schwierige Zeit durchzustehen. „Es war ein Versuch, der Isolation und dem Raufklettern an den Wänden entgegenzuwirken“, sagt er.
Er komponierte laut eigener Aussage ohne Gitarren und Beats ein Instrumentalalbum und veröffentlichte das selbst betitelte, digitale Debüt seines neuen musikalischen Projekts Slovenly Hooks Anfang September im Alleingang ausschließlich über Bandcamp (https://slovenlyhooks.bandcamp.com). „Slovenly Hooks“ ist die ideale Untermalung für eine Science-Fiction-Serie der Marke „Krieg der Welten“ – die Sounds dröhnen und fließen, sie wabern und schweben.

Public Service Broadcasting – Bright Magic (8/10)
Public Service Broadcasting – Bright Magic (8/10)

Ganz ähnlich klingt anfangs das Album „Bright Magic“ von Public Service Broadcasting. Man fühlt sich an die Soundtracks zu „Blade Runner“ oder „Stranger Things“ erinnert. Die 80er-Jahre-Ära dominiert das Album, das sich um die europäische Metropole Berlin dreht. J. Willgoose, Esq., der Mann hinter der 2009 in London gegründeten Band, verbindet auf „Bright Magic“ Synthiepop, Artrock, Bombast und Elektronisches. Zur Seite standen ihm interessante Gäste: Für das metallische „Der Rhythmus der Maschinen“ konnte er Blixa Bargeld (Einstürzende Neubauten) als Gastsänger gewinnen. Bei der Realisierung des 80er-Dancepop-Stücks „People, Let’s Dance“ und der Ballade „Gib mir das Licht“ war es die in Berlin lebende norwegische Musikerin Anna Lena Bruland alias EERA. Andreya Casablanca von der großartigen Berliner Indieband Gurr singt in dem Noise/Schrammelrock-Schmuckstück „Blue Heaven“ mit, während in dem sphärischen „Ich und die Stadt“ die deutsche Schauspielerin Nina Hoss das Kurt-Tucholsky-Gedicht „Augen in der Großstadt“ rezitiert. Unterm Strich hat „Bright Magic“ ob seiner unterschiedlichen Stimmungen und klanglichen Vielfalt Compilation-Charakter. (Kai Florian Becker)