Valérie Bodson spielt eine Schauspielerin, die sich auf ihre Rolle als Medea vorbereitet. Harte Arbeit.
„Le rôle qui je suis“
mit Valérie Bodson
Weitere Aufführungen:
Am 13., 16. und 17. April 2012 in der Kulturfabrik
in Esch• Regie:
Jérôme Konen• Dramaturgie:
Rafael KohnTel.: (+352) 55 44 93-1
www.kulturfabrik.lu
Genau darum geht es Jérôme Konen bei seiner Inszenierung: um die Theaterarbeit, genauer, um die Arbeit einer Schauspielerin, sich eine Rolle anzueignen. Dafür hat sich der junge Regisseur Jérôme Konen mit Rafael Kohn (Dramaturgie) zusammengetan und eine Textcollage geschaffen, die aus Klassikern des Theaters besteht.
Streifzug durch die Theatergeschichte
Geschickt gebaut, zieht sich die Rollenfindung der Medea durch das gesamte Stück. Vom Verstehen der Figur bis hin zur Interpretation. „Wer ist Medea?“, fragt sich Valérie Bodson zu Beginn. Wie kann sie in der Lage sein, ihre eigenen Söhne umzubringen? Wie kann die Mutterliebe hinter den eigenen Rachegefühlen gegenüber dem Ehemann, der sie betrog, zurückstehen? Wie soll sie diese Frau verstehen? Sie kommt nicht über die erste Textpassage hinaus. Dann, der rettende Einfall: Wer versteht die Frauen? Don Juan! Also schlüpft sie in die Rolle des Frauenverstehers der Literatur schlechthin hinein und vögelt Gummipuppen. Sex, Sex, Sex und Lügen à la „Ich liebe nur dich“.
Der Ausflug zu Don Juan bietet dem Publikum zwar eindrucksvolle Bilder, viel überzeugender nicht nur für den Einblick in die Arbeit einer Schauspielerin, sondern auch in die Komplexität klassischer Theaterfiguren sind die vielen weiblichen „Heldinnen“ des Theaters, die folgen. Mutter Courage, die auch nichts zurückhält bei ihrem Handel im Krieg und ihre drei Kinder verliert, Nora, die von ihrem Torvald wie ein Püppchen behandelt wird und letztendlich ausbricht oder auch Goethes Gretchen, die, schwanger und verzweifelt, ihr Kind tötet. In seiner Inszenierung ist es Jérôme Konen gelungen, komprimiert durch die Klassiker der Theatergeschichte zu führen. Indem er diesen Durchlauf durch die Jahrhunderte mit einer konkreten Situation im Jetzt verbindet, bekommt die Aufführung etwas sehr Lebendiges.
Die vielen Brüche von einer Figur zur nächsten sorgen für Abwechslung und Unterhaltung. Allerdings bleibt die Aufführung ohne dramaturgischen Höhepunkt, das Ende wirkt etwas beliebig, es hätte auch noch weiter gehen können. Doch gerade die kleinen Regieeinfälle, wie das Schlüpfen ins Kostüm, das Auskleiden, sich nackt machen, um in eine Rolle hineinschlüpfen zu können, oder auch die drei Gummipuppen als Ansprechpartner der Schauspielerin sind durchaus gelungen.
Gelungener Theaterabend
Dass Konen sich bei seiner ersten Inszenierung überhaupt auf die erfahrene Schauspielerin Valérie Bodson verlassen kann, gibt dem Stück Glaubwürdigkeit. Valérie Bodson überzeugt auf der ganzen Linie. Als Schauspielerin bei der Arbeit sucht sie nach Identitäten, probiert sie aus, verlässt sie wieder, entwickelt ihre Medea weiter. Der einstündige Monolog, den Bodson auf der Bühne zu halten hat, hat es in sich. Zu der großen Textmenge kommen körperliche, beinahe akrobatische Bewegungen hinzu, die es verständlich machen, warum sie beim verdienten Applaus noch nach Luft ringt.
Ein gelungener Theaterabend geht zu Ende, der nicht nur wegen der schauspielerischen Leistung, sondern vor allem auch wegen einer stringenten Regie Lust auf mehr „Konen & Kohn“ macht.
De Maart
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