„Schockela, Knätschgummi a brong Puppelcher“

„Schockela, Knätschgummi a brong Puppelcher“

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Eigentlich wollte Andy Bausch nur recherchieren; für einen Spielfilm, eine Liebesgeschichte zwischen einem amerikanischen GI und einem Luxemburger Mädchen. Doch aus den Recherchen wurde mehr: Ein 94 Minuten langer Dokumentarfilm, der sehr einfühlsam und humorvoll von der Befreiung Luxemburgs im Jahr 1944 durch die Amerikaner erzählt.

Janina Strötgen


Die Idee, einen Film über Beziehungen zwischen amerikanischen Soldaten und der Luxemburger Bevölkerung ab dem Jahr 1944 zu machen, entstand durch die vielen Gespräche, die Andy Bausch im Rahmen seines Dokumentarfilmes von 2007, „Entrée d’artistes“, führte. Für „Entrée d’artistes“ porträtierte er die Jahre 1920-1960, als Jazz und Swing ihre Wege nach Luxemburg fanden. Er führte zahlreiche Interviews mit Musikern, die diese Zeit miterlebt hatten. Sie alle sprachen auch von den Amerikanern, von den Befreiern, die die Hosentaschen voll hatten mit Schokolade, Kaugummi und Zigaretten.

„Es war wie ein Schneeballeffekt“, erzählt Andy Bausch über seine Materialsammlung. Hatte er einen Zeitzeugen gefunden, der ihm von seinen Erfahrungen in den 40er Jahren erzählte, kannte dieser mindestens weitere drei, die auch ihre Geschichten erzählen wollten. Fast alle hatten Fotografien und andere Erinnerungen, die sie Bausch für seinen Film zur Verfügung stellten.

Luxemburg war frei, aber chaotisch, die Regierung noch bis zum 14. April 1945 im Exil. Hört man sie sprechen, die mittlerweile 70-, 80-jährigen Luxemburger, die sich noch genau an ihre erste Lucky Strike erinnern oder immer noch den Kaugummigeruch in der Nase haben, dann spürt man eine tiefe Zuneigung den Amerikanern gegenüber. Sie machten ihre Türen und Herzen auf, kochten für sie, wuschen ihre Kleider und gaben sich Mühe, Englisch mit ihnen zu sprechen. Auch wenn manche Mutter ihre Tochter selbstverständlich warnte: „Dass der nëmme kengem Schwoarzen eng Bees gitt.“

„Brong Puppelcher“

Andy Bausch hat viel Filmmaterial zusammengetragen, aus dem CNA, aber auch aus Privatsammlungen, Küsse zwischen Luxemburger Mädchen und amerikanischen Soldaten jedoch fanden sich nicht auf den Filmrollen. Doch sie fanden statt: Die „brong Puppelcher“ sind der Beweis. Eines von ihnen, Orielli Welter-Smith bekommt Tränen in die Augen, wenn sie von ihrer Kindheit spricht: „Ech sot ëmmer zu menger Mamm: Ech wëll net schwoarz sinn.“
„Schokela, Knätschgummi a brong Puppelcher“ zeichnet sich vor allem durch seine Dichte aus. Die vielen Zeugenaussagen sind wie Puzzleteile, die die Erzählstimme André Jungs miteinander verbindet. Es bleiben individuelle Geschichten, die sich aber in die Komplexität der Geschichte einbetten lassen.

Der Film gewinnt vor allem auch durch die zahlreichen Fotografien aus jener Zeit des heute 84 Jahre alten Fotojournalisten Tony Vaccaro, der diese Zeit mit seiner Kamera für die Ewigkeit festhielt. Bald kann von den Zeugen niemand mehr Zeugnis ablegen, doch der Film wird bleiben. Ein Stück Geschichte.