Sie ist ihr Trost und zugleich ein Zufluchtsort für ein kleines Volk, das in ganz Europa nach Zuspruch sucht und sich nach Zugehörigkeit sehnt. „Unsere Hoffnungen sind groß“, offenbart Kristján B. Jónasson, Präsident des isländischen Buchverleger-Verbandes und Islands „literarischer Botschafter“ auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse.
Literarischer Brückenschlag
Islands Schriftsteller fühlen sich geehrt. Zum ersten Mal ist ein skandinavisches Land Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse. Für die isländische Delegation eine einmalige Möglichkeit, ihr literarisches Erbe einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Isländische Literatur ist gefragt! Mehr denn je. Und so nutzen die isländischen Verleger die Gunst der Stunde, um im Rahmen der Frankfurter Buchmesse professionelle Kontakte mit Verlagshäusern und Übersetzern zu knüpfen. Mit über 200 Neuerscheinungen sind die Isländer nach Frankfurt angereist, über 40 Schriftsteller, darunter die Krimiautoren Yrsa Sigurðardóttir, Hallgrímur Helgason, Jón Kalman Stefánsson, Kristín Steinsdóttir, Arnaldur Indriðason sowie der diesjährige Preisträger des „Nordischen Literaturpreises“, Gyrðir Elíasson, laden zu Lesungen, Vorträgen und Rundtischgesprächen. Neben vielen Jungschriftstellern sollen aber auch weniger bekannte ältere Autoren private Einblicke in die literarischen Vorlieben der Literaturnation Island liefern. Die Tradition privater Aufzeichnungen ist Jahrhunderte alt. Vom Beamten bis zum Landstreicher schrieben die Menschen auf der kargen Vulkaninsel Tagebücher und Romane.
Neue Märkte erschließen
Es bestehe „ein wahnsinniges Interesse“ an der isländischen Kultur, berichtet der Buchmessedirektor Juergen Boos. Auch das Ausland blicke immer stärker auf die Ehrengastländer. „Was auf dem deutschsprachigen Markt erscheint, wird später auch in andere Sprachen übersetzt“, so seine Einschätzung. Auf einen solchen Impuls hoffen die isländischen Autoren: Jeder Einwohner Islands kauft zwar im Schnitt acht Bücher pro Jahr, so viel wie kaum irgendwo sonst, doch auf der Insel leben lediglich 320.000 Menschen. Schon ab 8.000 Exemplaren gilt ein Buch in Island als Bestseller. Von diesem Umsatz kann kein Autor leben. Das wissen die Schriftsteller und Verlagshäuser nur zu gut und suchen gerade aus diesem Grund nach potenziellen Verlegern im Ausland. „Somit kann letztlich auch die Stellung der isländischen Literatur im eigenen Land weiter gestärkt werden“, verdeutlicht Kristján B. Jónasson, Vorsitzender des isländischen Buchverleger-Verbandes.
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Hier in Frankfurt ist Island bis zum 16. Oktober Ehrengastland und stellt mehrere Generationen von isländischen Schriftstellern ins Rampenlicht, die in Halldór Kiljan Laxness, einem „Nationaldichter“, der keiner sein wollte, ihren Literaturnobelpreisträger haben.
Die Insel der Geschichtenerzähler
Der in Berlin lebende isländische Schriftsteller Kristof Magnusson trifft’s auf den Punkt, wenn er schreibt, dass die Wurzeln dieser literaturbegeisterten Nation tief in der Vergangenheit liegen. „In Island gibt es keine romanischen Kirchen, keine Burgen, keiner der Urahnen aus dem 15. Jahrhundert hatte das Geld, sich in Öl malen zu lassen. Es sind einzig und allein die mittelalterlichen Handschriften, die den Isländern etwas über ihre Vergangenheit erzählen“, schreibt der Autor in der vermutlich letzten Ausgabe des Fachmagazins Literaturen.
Die Isländersagas, sie sind in aller Munde und in Fachkreisen das wahre Highlight der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Im September veröffentlichte der Fischer-Verlag ein vierbändiges Sammelwerk der Isländersagas, neu übersetzt und wissenschaftlich sorgfältig aufgearbeitet.
Ein großes Stück Weltliteratur
„Durch die Neuübersetzung wird ein Stück Weltliteratur neu zugänglich gemacht. Sie bezeugen einmal mehr, dass großartige Literatur nichts mit der Größe eines Landes oder seiner Einwohnerzahl zu tun hat, sondern mit der Sprache und Kunst, Geschichten zu erzählen“, verdeutlicht Halldór Guðmundsson, Vorsitzender der isländischen Delegation in Frankfurt. Durch sie haben die Isländer auch über Jahrhunderte dänischer Kolonialherrschaft ihre kulturelle Identität bewahrt. Ohne die Sagas gäbe es das gegenwärtige Island nicht! Diese Einschätzung teilen alle hier.
Die Kunst des Erzählens ist Islands unerschöpfliche Quelle. Sie brodelt und kocht, unaufhörlich. Und die Menschheit? Sie badet in ihr, genüsslich und nostalgisch schwelgend. Islands Kulturschaffende bezaubern und berauschen. Jón Þór Birgisson, Hallgrímur Helgason und Vesturport sind der endgültige Beweis!
De Maart
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