/ Punkrock trifft auf klassisches Ballett
Der schottische Star-Choreograf und Tänzer, der die Tanzwelt in den vergangenen 25 Jahren gehörig aufgemischt hat mit seinem Stil aus klassischem Ballett und zeitgenössischem Formgefühl, hatte angekündigt, seine neue Arbeit „New Work – Triple Bill“ zu präsentieren.
In Abänderung des Programms wurde aus dem triple ein double Bill. Unter dem Titel „E.P.: The De Luxe Edition“ zeigten sechs Tänzer zwei neue Choreografien, schlicht 7“ und 12“ genannt und einen von Clarks ersten und größten Hits „Swamp“ aus dem Jahre 1986, spielerisch umbenannt in „78RPM.“.
Schellackplatten haben eine Umdrehung von 78, damit will Clark auf die Zeitlosigkeit seines Stückes verweisen. Mit diesem Klassiker beginnt auch der Abend. Hier trifft Punkrock auf klassisches Ballett. Schön anzusehen sind die Tänzer und Tänzerinnen in ihren hautengen, blau schimmernden Kostümen, die Augen schwarz umrahmt.
Unnahbarkeit
Doch ihre Haltung signalisiert Unnahbarkeit. Ungemein präzise sind ihre weitgehend dem klassischen Ballett entlehnten Positionen, wie in Zeitlupe ausgeführt. Der Rausch der Musik trifft auf die langsamen Bewegungen der Tänzer, ein Tanz in dem es darum geht, die Balance und die Körperspannung zu halten und doch alles ganz locker wirken zu lassen. Die nonkonformistische Haltung des Punk kontrastiert Michael Clark mit den standardisierten Bewegungen des klassischen Balletts, so scheint es.
Es gelingt ihm in seiner Choreografie eine Stimmung zu erzeugen, die wohl das Lebensgefühl der 1980er Jahre reflektiert, das sich dann in einem Flash aus grellem Licht auflöst. In der Pause hört man Nina Simones Stimme. „To be young, giftet and black“ singt sie, ob das Lied eine Relevanz zum zweiten Stück des Abends hat, lässt sich schwer sagen. 7“ versprüht eine flockig fröhlich Atmosphäre. Zur poppigen Musik von Scritti Politti und einem Lichtkonzept, zu dem wechselnde bunte Farben gehören, wird einer der Tänzer gekonnt kopfüber von der Decke herabgelassen.
Schlichte Kostüme
In schlichten, lose sitzenden Kostümen scheinen die Tänzer mit den Möglichkeiten des klassischen Balletts zu spielen. Gradlinige, kontrollierte Bewegungen, präzise Formationen, wechselnde Paar-Formationen, Drehungen, Richtungsänderungen, Gewichtsverlagerungen, getanzt mit betont graden Rücken und lockerem Becken. Eine Handlung lässt sich in Clarks Choreografien nicht ausmachen, auch nicht im letzten Stück des Abends. Für 12“ hat Clark elektronische Musik der Gruppe Relaxed Muscle ausgesucht. Ihre Muskeln entspannen können die Tänzer noch nicht.
Jetzt ist viel Dynamik auf der Bühne. In engen, orangefarbenen Kostümen, die die Akteure ein wenig astronautenhaft wirken lassen, hat die Choreografie viele Sprünge für sie vorgesehen, aber auch wieder stark verlangsamte Bewegungen, auch überstrecktes Bein ist oft zu sehen. Einige Szenen erinnern an Zirkusakrobatik, zu der absolute Körperkontrolle erforderlich ist. Einmal bringen die Tänzerinnen Hocker mit auf die Bühne, die sie in ihren Tanz integrieren, eine erotische Komponente, ohne lasziv zu wirken.
Starker Kontrast
Eine Projektion im Bühnenhindergrund bildet einen starken Kontrast zu den Tänzern. Weiße Buchstaben sind zu sehen, die sich zu Fragewörtern formen und sich immer schneller auf der Leinwand bewegen, bis sie ganz verschwimmen.
Irritierend, auch ein wenig beängstigend wirkt die kalte Ausstrahlung der Projektion, zumal die Tänzer in ihrer Schlussszene ganz animalisch agieren, und sich nach und nach in Tiere verwandeln.
Man darf gespannt sein, was Michael Clark sich für seine noch ausstehende Arbeit zu seinem „Triple Bill“ einfallen lassen wird. Seine luxemburgischen Fans warten schon darauf.
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