„Nicht weise, sondern kindisch“

„Nicht weise, sondern kindisch“
(Reuters)

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Vor genau 50 Jahren stieg Omar Sharif zum internationalen Filmstar auf: 1962 eroberte er als Scheich Sherif Ali in "Lawrence von Arabien" die Leinwände.

In der westlichen Filmindustrie ist die Karriere des Ägypters, der am Dienstag (10. April) 80 Jahre alt wird, einzigartig geblieben. Omar Sharif selbst erklärte diese mit einer durch Zeitläufe bedingte Chance: Vor ihm habe es keinen Schauspieler mit exotischer Ausstrahlung gegeben. „Wäre ich später auf die große Bühne gekommen, hätte ich nicht ins Idealbild gepasst.“

Die Darstellung des romantischen Titelhelden in „Doktor Schiwago“ (1965) hat Omar Sharif zur Ikone werden lassen: Den schmachtenden Blick aus glutvollen Augen, mit dem der verheiratete russische Arzt an seine Geliebte (Julie Christie) denkt, macht ihm kein anderer nach. Der Ägypter war 32 Jahre alt, als er die Rolle seines Lebens spielte.

Exotischer Charme

Er hat noch oft stolze Männer mit exotischem Charme verkörpert – Adlige, Revolutionäre, Geistliche, Kapitäne -, aber nie wieder Furore wie als Dr. Schiwago gemacht. So spielte er einen spanischen Prinzen an der Seite von Sophia Loren in „Schöne Isabella“ oder den eleganten Ehemann von „Funny Girl“ Barbra Streisand. „Obwohl ich mit hervorragenden Regisseuren drehte, floppten fast alle Filme kläglich“, zog er Bilanz. Wegen der Gagen habe er schließlich auch die Rollenangebote für viele „sehr schlechte Filme“ angenommen.

Ein Comeback hatte Omar Sharif 2004 mit der französischen Bestsellerverfilmung „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“. Er spielt darin den weisen muslimischen Ladenbesitzer, der im Paris der späten 50er-Jahre Freundschaft mit einem 13-jährigen jüdischen Jungen schließt.

Sharifs Leidenschaft

Omar Sharif, der bürgerlich Michael Shalhoub heißt, wuchs in einer wohlhabenden, christlichen Familie auf. Der 1932 in Alexandria geborene Sohn eines Holzhändlers wurde katholisch erzogen. Schon als er in Kairo auf eine englische Schule ging, zog ihn das Kino in den Bann. Er studierte Mathematik und arbeitete auf Wunsch seiner Eltern drei Jahre lang als Kaufmann im väterlichen Unternehmen. Dann aber gab er seiner künstlerischen Neigung nach und besuchte die Königliche Dramatische Akademie in London.

Mit dem ägyptischen Film „The Blazing Sun“ feierte er 1953 sein Kinodebüt an der Seite der populären Schauspielerin Faten Hamama. Zwei Jahre später heirateten sie. Er trat damit zum Islam über. 1957 wurde Sohn Tarek geboren, der als Vierjähriger in „Dr. Schiwago“ zu sehen ist. Omar Sharif führte nach seiner Scheidung im Jahr 1967 ein unstetes Leben.

Einsam in Paris

Sein Lebensmittelpunkt wurde Paris. Sharif ging seiner Spielleidenschaft nach, wurde 1973 Bridge-Weltmeister und verlor nach eigener Aussage Millionensummen in Casinos. Das Fernsehen bot ihm in den 80er- und 90er-Jahren markante Rollen an, in „Peter der Große“, „Katharina die Große“ und im Mehrteiler „Palast der Winde“. 1989 drehte er zusammen mit Joan Collins die Astrologie-Serie „Folgen Sie Ihren Sternen“.

Glücklich wurde er nach eigenen Worten nicht mehr. Die Trennung von seiner Frau bereute er im Rentenalter. Dafür habe ihn Gott, „sofern es ihn gibt“, bestraft, sagte Sharif in einem Interview. Seit der Scheidung habe er keine Frau mehr geliebt und lebe allein in einem Hotel in Paris. Seine Einsamkeit treibe ihn ins Casino: „Wo kann ich allein hingehen? In ein Restaurant? Die Leute würden mich anstarren“, sagte Sharif der „Bunten“. In einem Casino können man sich dagegen zwanglos allein bewegen, „ohne schief angesehen zu werden“.

Ungeduldig und kindisch

Das Alter hat ihn nach eigenen Worten ungeduldig und kindisch gemacht. „Als ich jung war, glaubte ich, wenn ich älter werde, werde ich ruhiger und weiser. Das Gegenteil ist der Fall“, bekannte er in einem Interview. Jetzt sei er sogar ungeduldiger, weil ihm weniger Zeit bleibe, betonte Sharif. Er sei „nicht weise, sondern kindisch“.

Mit aggressiven Ausfällen erregte er im Großvateralter Aufsehen. Er griff in Frankreich im Streit mit einem Croupier einen Polizisten an, und in Kalifornien beleidigte und schlug er einen Mitarbeiter eines Parkservices.

Inzwischen ist er ruhiger geworden. Die Umwälzungen in Ägypten begleitete er mit Sympathie.