/ Menschen wollen Bücher
„Die Leute haben keine Lust auf das ständige Gerede von schlechten Zeiten, viel lieber flüchten sie sich in Fiktion und Traum“, meint Serge Eyrolles, der Präsident des „Syndicat national du livre“ (SNE), seit vielen Jahren Organisator des Salons. „Menschen wollen Bücher, in Krisenzeiten sogar mehr denn je, ein Buch ist der schönste Zufluchtsort.“
Und in der Tat, auch wenn noch keine Besucherzahlen vorliegen, sieht es ganz danach aus, als ob sich Eyrolles Erwartungen erfüllen würden. 3.000 Schriftsteller, über 1.000 Verlegerstände aus dem In- und Ausland und 200.000 erwartete Besucher haben seit letzten Freitag und noch bis kommenden Mittwoch an der Porte de Versailles in Paris die Gelegenheit, in Büchern zu schmökern, sich auszutauschen, Neuigkeiten zu entdecken und sich treiben zu lassen.
Exotische Stimmung
Im vorderen Teil der Halle haben vor allem die großen französischen Verlage wie Gallimard, Albin Michel oder Flammarion ihre Zelte aufgeschlagen und locken die Besucher mit Neuerscheinungen und Signierstunden ihrer Publikumsmagneten wie Olivier Adam, Florian Zeller oder Yasmina Khadra an ihre Stände. Doch je weiter man sich nach hinten durchkämpft, desto exotischer wird die Stimmung: Französisch hört man kaum mehr. Spanisch ist die Sprache, die durch die Gänge hallt.
Denn Mexiko ist diesjähriger Ehrengast und stellt auf 1.000 Quadratmetern seine Literatur vor, um den ohnehin engen literarischen Austausch mit Frankreich noch weiter zu intensivieren.
Natürlich darf dabei auch Carlos Fuentes, der wohl bekannteste lebende mexikanische Schriftsteller, nicht fehlen, der sich in Paris beinahe wie zu Hause fühlt. Denn ebenso wie sein Landesgenosse, der 1998 verstorbene Nobelpreisträger Octavio Paz, hat auch Fuentes viele Jahre in Frankreich gelebt und als Botschafter in Paris gearbeitet.
Während des Salons nun wird der mittlerweile 80-Jährige mit 40 weiteren mexikanischen Schriftstellern auf dem bunten „Pavillon mexicain“ anzutreffen sein, Bücher signieren und an Rundtischgesprächen teilnehmen, die, während im Hintergrund Mariachi-Melodien ertönen, dem Publikum die Gelegenheit geben, die mexikanische Kultur durch die Augen ihrer Schriftsteller besser kennenzulernen.
„Lecture de demain“
Eine neue Welt ganz anderer Art lässt sich im Espace „Lecture de demain“ erforschen. Dort können Neugierige sich mit unterschiedlichen elektronischen Büchern vertraut machen und ausprobieren, wie sich zum Beispiel Tolstois Anna Karenina liest, wenn man keinen 1.000 Seiten Schmöker, sondern ein kleines, feines E-Book in den Händen hält, das gerade einmal 260 Gramm wiegt und neben Tolstoi auch noch 60 weitere Klassiker der Weltliteratur auf Abruf bereit hält.
Nach der Musik, den Fotos und Videos ist nun auch das Buch im digitalen Zeitalter angekommen. Für alle Leseratten, die das noch nicht sind, gibt es auch hier täglich mehrere Konferenzen, bei denen man sich an die Vorteile der neuen Erfindungen heranführen lassen kann: „Jeder kann seine gesamte Bibliothek mit in den Urlaub nehmen und muss sich nicht mehr für ein, zwei leichte Taschenbücher entscheiden“, lautet meist das Einstiegsargument.
„Durch digitale Bibliotheken wird das Weltwissen allen Menschen zugänglich gemacht und die Forschung wird profitieren“, heißt es weiter. „Und es ist ganz leicht zu bedienen“, ist dann der Übergang zur Praxis. Denn Anfassen und Ausprobieren sind ausdrücklich erwünscht.
Möchte man sich nach den Erlebnissen auf der digitalen Spielwiese dann noch etwas ausruhen, bevor man sich in die Schlange zur Signierstunde einreiht, kann man sich in einen der Sessel in den „Espaces repos“ fallen lassen und etwas lesen. Ob auf dem E-Book oder doch mit Umblättern macht eigentlich nur einen Unterschied: Der E-Book-Besitzer kann sitzen bleiben, schließlich verträgt sich Tinte auf Bildschirm nicht.Und die Autorenautogramme sind sowieso längst eingescannt.
Une heure avec … Jean-Louis Fournier Besonders die Konferenzreihe „Une heure avec …“ unterstreicht die Nähe zum Publikum und die offene Stimmung auf dem Salon. Eine Stunde lang sprechen Autoren mit ihren Lesern über ihre letzen Bücher, über ihre künftigen Projekte oder über das Schreiben. So auch Jean-Louis Fournier, Preisträger 2008 des Prix Femina für sein Buch „Où on va, papa?“, in dem er mit viel Humor und Wärme das Leben mit seinen zwei geistig behinderten Söhnen beschreibt. Eine Auswahl seiner Äußerungen: Über sein Buch „Où on va, papa?“: „Ich habe ein Jahr gebraucht, um das Buch zu schreiben. Ich wollte auf jeden Fall vermeiden, auf die Tränendrüse zu drücken. Mitleid ist das Letzte, was ich wollte. Ich hasse es, wenn man mich bemitleidet. Mitleid ist erniedrigend. Deshalb ist der Humor die treibende Kraft in meinem Roman. Ich lache mit meinen Kindern und meinen Lesern über die Behinderung. Gerade wenn man nichts zu lachen hat, sollte man aus vollem Halse lachen.“ |
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