Mehr als tausend Worte

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Ein nackter Schwarzer aus Zimbabwe klettert durch eine Wand aus Stacheldraht nach Südafrika in der Hoffnung auf ein besseres Leben./ Heike Bucher

 Die alleinerziehende Mutter sieben minderjähriger Kinder aus New York kämpft mit dem Alltag und Profiboxer lassen sich ihr Gesicht zu Brei schlagen.

 So ist es – das Leben. Jeden Tag, überall. Und Fotos erzählen davon, Pressefotos im Besonderen. Stellvertretend steht dieser eine Moment der Aufnahme für viele andere Momente, die sonst unbeobachtet bleiben. Fotos geben einem das Gefühl, ganz nah dabei zu sein und mehr darüber zu wissen, was in der Welt passiert. Und was ist ein Zeitungsartikel ohne Illustration, ohne Foto wert? Ist es nicht immer das Foto, auf das unser Blick zuerst fällt?
Seit 1955 gibt es die World Press Photo Foundation. Gegründet wurde sie in den Niederlanden mit dem Ziel, die Arbeit professioneller Pressefotografen zu unterstützen. Der jährlich veranstaltete Wettbewerb ist mittlerweile zum echten Highlight geworden, an dem Fotografen aus der ganzen Welt teilnehmen. In zahlreichen unterschiedlichen Kategorien werden Preise vergeben, wichtigste Auszeichnung ist die des Pressefotos des Jahres. Wer da gewinnt, kann sich die Jobs künftig aussuchen. Außerdem gehen die Fotos um die ganze Welt, einige sind unvergessen, wie das aus dem Jahre 1972: Ein nacktes Mädchen rennt nach einem Napalm-Angriff in Vietnam um ihr Leben, das Entsetzen in den Augen. Oder das von 1980 aus Uganda: die vor Hunger fast schon verdörrte Hand eines schwarzen Jungen in der Hand einer weißen Missionarin.

Fast unwirklich

Oft sind es solche Fotos, die gewinnen. Fotos, die zeigen, was Menschen anderen Menschen antun oder unter welchen Umständen Menschen leben müssen. Gewalt, Folter, Hunger, Leid, Entsetzen. Das Gewinnerfoto des Jahres 2008 von Anthony Suau zeigt einen Polizisten in Ohio, der in einem verlassenen Haus sicherstellen muss, dass sich dort weder Waffen noch illegale Bewohner befinden. Zahlreiche Besitzer mussten ihre Immobilien räumen- Subprimekrise statt Wohlstand und bewaffnete Polizisten baden es aus. „C’est triste“, sagte eine Besucherin im Schloss in Clervaux, wo die diesjährigen Gewinnerfotos noch bis Ende Juli ausgestellt sind. Klar ist es das, aber nicht nur. Viel trauriger wäre es doch wahrscheinlich, nur irgendwelchen Hollywoodstars begegnen zu müssen. Obwohl sogar einer dabei ist: mit einem Porträt von Dennis Hopper gewann der Franzose Jérôme Bonnet den zweiten Preis in der Kategorie „Einzelporträt“.
Manche Fotos sehen so aus, als kämen sie direkt aus einem Tarantino-Film. Fast unwirklich grausam und überdreht inszeniert. Und doch zeigen sie das echte Leben. Gewalttätige Nachbarn in Kenia, eine auf einer Straße in El Salvador liegende Frauenleiche, an der ein Schulbus vorbeifährt, Slums in Recife und Messina. Und natürlich Obama – wie er einen Klimmzug macht, vor Schülern spricht oder Zeitung liest.Bunt und überaus kunstvoll sind die Fotos der Kategorien „Natur“ und „Sport“. Mit dabei natürlich die Olympischen Spiele in Peking. Und eine ganze Bildergeschichte über einen Schneeleoparden. Sehenswert.

Schloss Clervaux
Bis zum 26. Juli:
taglich von 11 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr
www.worldpressphoto.org