Lieber Logorrhoe statt Stille

Lieber Logorrhoe statt Stille

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Claude Frisoni liebt die Sprache. Besonders die gesprochene Sprache. Den Austausch, das Ringen um und das Spielen mit Wörtern, die linguistische Konfrontation.

Und er hat etwas zu sagen. Über die
Gesellschaft, den Menschen, das Leben, über sich selbst und über Quatsch. Am Samstag hat sein neues Stück
„J’aime le mot dit“ im Escher Theater Premiere. Regie führt Charles Muller.

„J’aime le mot dit“
von Claude Frisoni
Escher Theater

Am 14. Mai um 20 Uhr
Regie: Charles Muller

Kontakt & Reservierung:
Escher Theater

122, rue de l’Alzette
Tel.: (+352) 54 03 87
www.theatre.esch.lu

Für sein Stück „J’aime le mot dit“, das in groben Zügen auf seinem kürzlich bei ultimomondo erschienen Buch „Mémo“ basiert, verlässt Claude Frisoni die gewohnten Pfade des Stand-up und kehrt auf die Theaterbühne zurück. Das ist für ihn eine Herausforderung: Er interpretiert zwar seinen eigenen Text, muss aber zulassen können, dass ein Regisseur ihm Anweisungen gibt und dass er nicht nach Lust und Laune improvisieren kann, sondern texttreu arbeiten muss.

Distanz zu sich selbst

Doch genau dieser fremde Blick, diese Perspektive von außen ist das spannende für Claude Frisoni. „Für die Interpretation braucht es einen Regisseur, darin liegt der Unterschied zwischen Stand-up und Theater“, sagt Frisoni. Und dadurch bekommt er Distanz zu sich selbst. Das kann sicher nicht schaden.

In Charles Muller hat Frisoni einen Regisseur gefunden, der seine eigenen Vorstellungen hat und diese auch durchsetzt. „Ich möchte Frisoni einmal anders zeigen als üblich. Ich möchte, dass er eine richtige Figur entwickelt“, beschreibt der Direktor des Escher Theaters seinen Anspruch. Und wer ist diese Figur? Eine Mensch, ein kranker Mensch, der an Lallomanie, an Logorrhoe, an Sprechdurchfall leidet und deshalb in die Klapse eingeliefert wurde. Doch er kann ausbrechen, findet Asyl im Theater. Dort rettet er sich auf die Bühne und kann nun endlich so viel reden, wie er will. Und zwar indem er Figuren spielt, die für ihre Reden bezahlt werden. Einen Rechtsanwalt, einen Priester oder auch einen Stand-up-Komödianten.

Schweigen? Unvorstellbar!

Claude Frisoni spielt also eine Figur, die wiederum Figuren spielt, die große Redner sind. Es fällt leicht, sich vorzustellen, dass Frisoni bei dieser Figur in seinem Element sein wird, gibt er doch zu, dass er selbst ein Problem mit Stille hat. Nicht ein paar Stunden beim Angeln, aber in Gesellschaft mit Menschen. „Ich könnte niemals einen Abend mit den Finnen aushalten, die trinken und schweigen sich an. Zwanzig Minuten lang“, erzählt er.

Unvorstellbar für den Sprachkünstler, der eine Bewunderung für große Redner hat und es immer und immer wieder genießt, Texte von Robert Krieps oder Jean Jaurès zu lesen. Und der es bedauert, dass gerade die mündliche Sprache immer stärker verkomme. Er beobachte das bei Politikern, am schlimmsten sei es bei Sarkozy, aber leider auch in der Gesellschaft hier in Luxemburg. Er vermisst das Interesse am gesprochenen Wort, bedauert, wie schwer es sei, eine Diskussionsrunde zu animieren.

Überzeugung und Leidenschaft

Er weiß, wovon er spricht. Und er könnte stundenlang darüber reden. Sprache ist wichtig. Reden ist wichtig. Sich auszudrücken ist wichtig. Das ist Frisonis Überzeugung und auch Leidenschaft.

Doch weiß er selbst nur zu gut, dass es nicht reicht, nur zu reden, um zu reden. „Es muss um das Essentielle gehen“, sagt er. Und hat auch sofort auf die Frage, was denn das Essentielle sei, eine Antwort parat: Reden, um seine Revolte auszudrücken, oder aber um „Je t’aime“ zu sagen.