Must-See Movies (7)Leben mit der Krankheit: „Mogul Mowgli“ von Bassam Tariq

Must-See Movies (7) / Leben mit der Krankheit: „Mogul Mowgli“ von Bassam Tariq

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Die städtische „Cinémathèque“ hat zu Jahresbeginn wieder cinephilen Nachhilfeunterricht im Spielplan. Aus verschiedensten Gründen sind die programmierten Filme nicht oder nur sporadisch auf luxemburgischen Kinoleinwänden zu sehen gewesen. Das Tageblatt stellt die sogenannten elf Must-see-Filme vor.

Hatte sich schon mit der Vorführung von „First Cow“ am vergangenen Mittwoch ein „double feature“ mit Jane Campions „The Power of the Dog“ auf Netflix angeboten, so ist das mit dem Film, der am heutigen Abend in der „Cinémathèque“ zu sehen ist, ähnlich. Wenn nicht noch einen Tick offensichtlicher. Und das liegt nicht nur am Schauspieler im Zentrum der beiden Filme, sondern auch an den verhandelten Themen. Genau wie in „Sound of Metal“, dem Regiedebüt von Darius Marder, spielt Riz Ahmed in „Mogul Mowgli“ einen Musiker, der „on top of his game“ – er ist Schlagzeuger in einem, Rapper im anderen Film – eine gesundheitliche Grätsche bekommt, die sein Leben auf den Kopf zu stellen riskiert.

Zed ist in „Mogul Mowgli“ ein englischer Rapper mit pakistanischen Wurzeln, der seiner Familie und der Stadt London den Rücken gekehrt hat, um in New York sich und seine Karriere als MC nach vorne zu bringen. Nach einem fulminanten Gig, der den Film eröffnet, werden Booker auf Zed aufmerksam und bieten ihm den Eröffnungsslot der Europa-Tournee eines wichtigen Rap-Acts an. Ehe er auf kontinentaleuropäische Konzertbühnen steigt, lässt er sich auf einen Abstecher zur Familie auf die englische Insel ein. Dort wird er gleich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Angefangen damit, dass er Zaheed genannt wird und nicht Zed, was dem jungen Mann bitter aufstößt. Nach einem Vorfall mit einem Fan stellt sich dann noch heraus, dass der Rapper an einer degenerativen Autoimmunkrankheit leidet, die ihm seine Beine ziemlich abrupt lähmt. Von einem Tag zu anderen scheint Zeds Karriere an einem seidenen Faden zu hängen.

Ein Schauspieler mit viel Talent

„Mogul Mowgli“ und „Sound of Metal“ mögen auf den ersten Blick wie zwei Variationen des gleichen Themas wirken. Die beiden Filme sind aber in ihren Herangehensweisen sehr verschieden. „Mogul Mowgli“, den Ahmed zusammen mit Regisseur Bassam Tariq – ebenfalls pakistanischer Herkunft – zu Blatt gebracht hat, ist eine viel persönlichere Affäre. Riz Ahmed ist mit den „Swet Shop Boys“ ebenfalls als Rap-MC unterwegs und mit seinem Migrationshintergrund ist die autobiografische Verbindung zum Film und vielleicht seinem Alter Ego schnell gemacht.

Wo „Sound of Metal“ die Gehörlosengemeinschaft sowie das neue Leben mit der Krankheit in den Mittelpunkt stellt, ist die Krankheit vielleicht unter einem magisch-realistischen Blickwinkel zu sehen. Die soll dafür sorgen, dass die Figur zum Stehen kommt und sich mit seinem direkten Umfeld auseinandersetzt. Mit seiner Familie, seiner Herkunft, seinem Platz in der Welt und dem Wegkommen-Wollen. Regisseur Bassam Tariq behandelt dies nur zum Teil mit verbalisierten Konflikten, wie z.B. dem Generationskonflikt zwischen Zaheed und seinem Vater. In der zweiten Hälfte von „Mogul Mowgli“ lässt Bassam Tariq mit der Hilfe von Annika Summersons Kamera über weite Strecken eine Bilderflut über den Zuschauer hinwegfliegen, die genauso einen selbst wie die Figur im Mittelpunkt zu überfordern droht. Ein scheinbar zusammenhangloses Mosaik, evokativ in seiner Wirkung, doch ohne konkrete – und sehr wahrscheinlich platt explikative – Antworten.

Was „Mogul Mowgli“ an emotionaler Wucht fehlt – vielleicht gerade wegen des Fiebertraum-ähnlichen Prozederes –, macht Riz Ahmed alleine mit seinem Spiel wett. Der Engländer gehört seit diesen beiden Filmen zu den spannendsten und intensivsten Schauspielern, die die Insel die letzten Jahre hervorgebracht hat. Und es sind seine Sensibilität, sein Blick und seine Körperlichkeit, die „Mogul Mowgli“ zu etwas anderem werden lassen als zu der eitlen therapeutischen Nabelschau, die der Pitch des Spielfilms auf den ersten Blick zu suggerieren scheint.


Der Film läuft am heutigen Donnerstag (20.1.) um 20.45 Uhr in der „Cinémathèque“ in Luxemburg-Stadt.