/ Lascaux die Vierte
An den Tag, an dem er in einer dunklen Höhle auf faszinierende Steinzeitmalereien stieß, erinnert sich Simon Coencas auch nach 76 Jahren genau. „Mit meinen Freunden bin ich in ein Loch hinabgestiegen, wir sind nur langsam vorangekommen und auf einmal waren wir in der Halle der Stiere“, berichtet der 89-Jährige. „Ein Wunder. So groß, so beeindruckend.“
„Sixtinsiche Kapelle der Vorgeschichte“
Durch Zufall entdeckten Coencas und seine Freunde im September 1940 im südwestfranzösischen Périgord die Höhle von Lascaux, die wegen ihrer Höhlenmalereien später als „Sixtinische Kapelle der Vorgeschichte“ gepriesen wurde. Für Besucher ist die Steinzeithöhle schon seit Jahrzehnten geschlossen, zu empfindlich sind die rund 18.000 Jahre alten Kunstwerke. Am Samstag weiht Frankreichs Staatschef François Hollande einen neuen Nachbau der Höhle in der Gemeinde Montignac am Fuße des Hügels von Lascaux ein.
Coencas, der letzte Überlebende der vier Höhlenentdecker, hat die Replik schon besichtigen können. „Ich hatte das Gefühl, dass ich in der echten Höhle bin, es ist unglaublich.“ Vier Jahre lang arbeiteten Dutzende Handwerker und Künstler an dem Projekt, bildeten auf 900 Quadratmeter nachgestellter Felsenfläche mit modernster Technik die zahlreichen Malereien von Pferden, Stieren, Hirschen in Originalgröße ab. „Es ist das erste Mal, dass wir die Höhle von Lascaux in ihrer Gesamtheit nachbilden“, sagt nicht ohne Stolz der verantwortliche Archäologe Jean-Pierre Chadelle.
Zu starker Besucher Andrang
Denn der 66 Millionen Euro teure Höhlennachbau ist nicht die erste Nachbildung der Steinzeithöhle. Schon 1983 wurde nahe dem Original eine erste Replik eröffnet, die 90 Prozent der Fresken wiedergibt und von rund zehn Millionen Menschen besucht wurde. Doch nicht alle sind begeistert von diesem Nachbau. „Seit 30 Jahren erleben wir frustrierte Besucher, die sich beschweren, dass 20 Minuten Einführung in die Höhlenmalerei und 20 Minuten Besuch der nachgebauten Höhle zu kurz sind“, sagt der Chef der Betreibergesellschaft des neuen Projekts, André Barbé.
Außerdem steht dieses „Lascaux 2“ zu nahe an der Originalhöhle. Der Andrang der Besucher mit Bussen und Autos stellt eine Bedrohung für die ursprüngliche Grotte dar, die seit 1979 zum Weltkulturerbe der Unesco gehört. Deswegen die Entscheidung, eine neue Replik anzufertigen. Sie soll am kommenden Donnerstag für zahlendes Publikum öffnen.
Eine Reise in die Vergangenheit
„Lascaux 2“ wird künftig nur noch für pädagogische Touren genutzt. Außerdem gibt es unter dem Namen „Lascaux 3“ eine Wanderausstellung mit Kopien der wichtigsten Fresken. Jetzt also „Lascaux 4“, untergebracht in einem 150 Meter langen Bau aus Beton und Glas. Für die Besucher soll der Spaziergang durch die Grottenreplik eine Reise in die Vergangenheit werden, eine Erfahrung mit allen Sinnen: Feuchte Luft, Dunkelheit, Gerüche, gedämpfte Geräusche.
Am Anfang nähert sich der Besucher dem nachgestellten Höhleneingang und hört ein Bellen – so wie im September 1940, als ein Hund den verschütteten Zugang zu der Höhle entdeckte. Nach dem Rundgang durch die nachgebaute Höhle gibt es noch Ausstellungsräume mit Erklärungen zu den prähistorischen Malereien, der Arbeit von Archäologen und dem Einfluss der Steinzeitmalerei auf die Moderne Kunst. Höhlenentdecker Coencas zeigt sich begeistert von der Replik: „Unglaublich, wie man so etwas nachbilden kann“, sagt der 89-Jährige. Und fügt dann mit rauem, frechem Lachen hinzu, die Replik sei sogar besser als das Original.
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