Lachen ist trotzdem erlaubt

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Nazi-Diktator Hitler macht Karriere im heutigen Berlin als Comedy-Star. Die bitterböse Satire "Er ist wieder da" führt seit Wochen die Bestsellerlisten an. Nun wird das Buch in 27 Sprachen übersetzt. Ist das eigentlich politisch korrekt?

Darf man über Hitler lachen? Darf man den Nazi-Diktator als Comedy-Star im heutigen Berlin wieder auferstehen und die Erfolgsleiter noch einmal nach oben klettern lassen? Timur Vermes findet: ja. Der Journalist und Ghostwriter hat mit seiner derben Hitler-Satire „Er ist wieder da“ einen Bestseller geschrieben, der sich seit September 400 000 Mal verkauft hat. Dabei wurde die groteske Fiktion über Hitler, der 2011 in Benzin-getränkter Uniform auf einem verlassenen Gelände in Berlin wieder erwacht, von den großen Feuilletons bisher nur recht zögerlich besprochen.

Vermes mutet dem Leser einiges zu: Er lässt Hitler fast im Originalton fast beiläufig und eiskalt über den Mord an den Juden, Vernichtungskrieg oder die Besetzung von Leningrad schwadronieren. Zugleich beschreibt der wiedererwachte Hitler aus Sicht eines (fast) Fremden das neue Medien-Deutschland mit seinen TV-Kochshows und nachmittäglichen TV-Sozialdramen sowie auch den Berliner Politikbetrieb. Da wird die CSU als „erbärmliche Kopie des Nationalsozialismus“ dargestellt, die FDP als „Jünglingspartei“, die Grünen-Politikerin Renate Künast tritt in Hitlers neuer Show auf.

Hitler, der Schauspieler

Alle glauben, Hitler sei ein Schauspieler. Immer stärker lässt sich seine Umgebung in das vermeintliche Schauspiel hineinziehen. Das Perfide ist, dass die Lachmuskeln bei der Lektüre wirklich gereizt werden. Noch gemeiner ist, dass die Hitler-Figur in der Ich-Form erzählt, so dass der Leser praktisch im Kopf des Nazi-Diktators sitzt.

Lachen sei erlaubt, sagt Vermes am Montag am Rande einer internationalen Übersetzer-Werkstatt im niederrheinischen Straelen, wo er mit 13 Übersetzern aus England, China, Osteuropa, Italien, und Skandinavien über die Schwierigkeiten der Übertragung des Buches diskutiert. „Wir sind ja ein freies Land“, sagt Vermes. „Eine Art Erkenntnisgewinn“ solle aber schon bei der Lektüre „herumkommen“. Und zwar diese: Man komme Hitler in dem Buch ja so nah, wie man es niemals gedacht hätte. „Und wir fühlen uns dabei nicht so unwohl.“

„Will die Leute nicht bekehren“

Das Buch demonstriere auch, dass es offenbar nicht so schwer gefallen sei, bei Hitlers Wahnwitz mitzumachen. Vermes sieht es aber nicht als Aufgabe des Buches an, „die Leute zu bekehren“. Er plant trotz des Erfolges auch keine Fortsetzung des Romans, der sinnigerweise 19,33 Euro kostet.

Die Übersetzer aus allen möglichen Ländern, haben jedenfalls psychologisch kein Problem mit dem Buch. „In England wird man darüber lachen“, sagt Jamie Bulloch. „Hitler ist eine Witzfigur für uns. Das war er auch schon während des Krieges.“