„Kultur hat Symbolcharakter“: Jo Kox wird 60

„Kultur hat Symbolcharakter“: Jo Kox wird 60

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Seine Gesundheit hat ihn gezwungen, etwas kürzerzutreten – zur Ruhe hat er sich aber nicht gesetzt. Jo Kox feiert am 18. Januar seinen 60. Geburtstag.

Seine Gesundheit hat ihn gezwungen, etwas kürzerzutreten. Daraufhin hat Jo Kox sein Arbeitsverhältnis mit dem „Casino Luxembourg– Forum d’art contemporain“ beendet. Zur Ruhe hat er sich aber nicht gesetzt. „Ich habe noch immer viele Ideen im Kopf und Bauwerke im Werden“, sagt er beim Geburtstagsgespräch. Jo Kox feiert am 18. Januar seinen 60. Geburtstag.

Von Claude Wolf

„Ich komme aus einem sehr engagierten Elternhaus, wo immer klar Stellung bezogen wurde. Vorschriften wurden keinem von uns elf Kindern gemacht. Jeder ist seinen eigenen Weg gegangen. Gelernt haben wir Geschwister allerdings, zu teilen und zusammenzuarbeiten.“

Dieser Teamgeist hat Jo Kox über weite Strecken seines Berufslebens begleitet. Mit Begeisterung spricht er von der Zusammenarbeit mit Enrico Lunghi, den er vor der Schaffung des „Forums für zeitgenössische Kunst“ im vormaligen europäischen Casino nicht kannte, mit dem er aber ab 1995 ein richtungsweisendes Konzept aufgebaut hat. „Eigentlich sollte das ‚Casino‘ ja nur das geplante Museum für zeitgenössische Kunst (das die Regierung Großherzog Jean 1989 zum Silberjubiläum seiner Amtsübernahme geschenkt hatte Anm.d.Red.) vorbereiten, es hat sich dann aber so entwickelt, dass es heute einfach zur Kunstszene dazugehört.“

Casino als Vision und Meilenstein

Bereits die Schaffung des „Casino“, im Rahmen der Vorbereitung des Kulturjahres 1995, war ein Meilenstein. Es gab keine politischen Vorgaben, geschweige denn ein Gesetz. „Es entsprach einer Vision und war offen für alle Kunstrichtungen“, unterstreicht Kox und beruft sich dabei auf Paul Reiles, Direktor des nationalen Museums für Geschichte und Kunst (MNHA) und damaliger Präsident des Verwaltungsrates des „Casino“.

Seine Vorgaben sind für Kox bis heute richtig. „L’artistique prime sur l’administratif“, hatte Reiles dem neu gebildeten Team vorgegeben. Das bedeutete für den Verwaltungsdirektor, dass er dem künstlerisch verantwortlichen Enrico Lunghi den Rücken freihalten musste. „Die Chemie zwischen uns dreien hat gestimmt. Und deshalb haben wir es fertiggebracht, Luxemburg erstmals auf die internationale Kunstszene zu setzen.“

Vom Reisegeschäft in die Kultur

Hier empfiehlt sich ein Rückblick auf den Werdegang des Geburtstagskindes. Ursprünglich wollte Jo Kox Kunstgeschichte in Aix-en-Provence studieren. Als seine Kandidatur nicht angenommen wurde – „ech hat mer en Noexamen am Premièresexame geleescht“ – sattelte er um und studierte Touristik in Brüssel.

Nach seiner Abschlussarbeit (über die Luxair) wurde er von der Fluggesellschaft angeheuert und war für die Urlaubsziele in Griechenland und Spanien zuständig, wo er auch 1992 tätig war. Madrid war in dem Jahr Europäische Kulturhauptstadt, in Barcelona wurden die Olympischen Spiele ausgetragen und Sevilla richtete die Weltausstellung aus. „Es war der Höhepunkt von fünf spannenden Jahren, in denen ich viel herumgekommen bin“, erinnert sich Kox.

Im Vorfeld von 1995 bekam er daraufhin den Auftrag, die Kulturhauptstadt Luxemburg international zu vermarkten. In dieser Eigenschaft saß er im Verwaltungsrat des „Casino“ und war dabei, als der Architekt Udo Rausmüller fragte, wer sich in dem von ihm umgebauten Gebäude um die Einrichtung kümmern sollte. „Da habe ich mich gemeldet“, beschreibt Kox den Anfang eines künstlerischen Abenteuers, das bis 2016 dauern sollte.

Aus der Not wird eine Tugend

„Ich habe den Schlussstrich auf einem Höhepunkt gezogen“, sagt er nicht ohne Stolz und verweist auf Initiativen wie die „Nuit des musées“ oder die „Museumsmeile“, die unter seinem Impuls entstanden sind und die Zusammenarbeit der Museen der Hauptstadt beflügelt haben.

Aus seiner gesundheitlichen Not hat Jo Kox jedoch eine Tugend gemacht. „Auf dem Krankenbett hat man Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen“, sagt der rührige Experte. Mit einer gewissen Nostalgie schaut er auf 46 Marathonläufe zurück, die er in zehn Jahren gelaufen ist. „Der Ausdauersport war mein Ausgleich. Ich konnte zwar nicht mit den Besten mithalten, konnte mich jedoch an ihnen messen und mich im Verhältnis zu ihnen einstufen.“

Als der Regierungschef Xavier Bettel 2013 der Kulturpolitik eine neue Ausrichtung geben wollte, brauchte er einen Experten, um einen Kulturentwicklungsplan auszuarbeiten. Jo Kox, der sechs Jahre zuvor den Vorsitz des nationalen Kulturfonds übernommen hatte und dadurch einen guten Einblick in das hiesige Kunstschaffen besaß, nahm den Vorschlag an. „Es ist eine Gratwanderung“, sagt er rückblickend. Aber es sei wichtig gewesen, den Kultursektor infrage zu stellen und über ihn nachzudenken, sagt er mit Seitenblick auf die „assises culturelles“, die er als Experte begleitet.

Skeptisch gegenüber Digitalisierung

Zu politischen Aussagen lässt er sich nicht verleiten, einige Missstände hat er jedoch aufgedeckt und thematisiert. „Unsere Gesellschaft macht aus der Kultur ein Business. Sie zählt die Besucher und spekuliert über Preise. Die Kreation selbst hinterfragt sie aber nicht. Dabei hat die Kunst durch die Digitalisierung und Globalisierung einen ganz anderen Stellenwert bekommen.“ Instrumente wie YouTube und Spotify bringen die Kunst zwar in neue Kreise, gleichzeitig gehen durch die Digitalisierung jedoch die Emotionen verloren, die im Theater oder vor einem Bild entstehen können und die ein Experte wie Kox nicht missen möchte.

Die verbreiterte Präsenz der Kunst führe aber auch dazu, dass sich die hiesigen Künstler am Ausland messen müssen, dass sie immer wieder auf andere zugehen, Koproduktionen anbahnen und in internationalen Verbänden mitarbeiten müssen, um wahrgenommen zu werden. Umgekehrt müsse Luxemburg sein Profil schärfen, um internationale Experten zu einem Besuch in unserem Land zu bewegen und somit die hiesige Kunstszene zu unterstützen, weiß der studierte Tourismusexperte.

Deshalb sei es wichtig, die Aufgaben der einzelnen Kultureinrichtungen neu zu definieren, verteidigt Kox die Subventionspolitik der Regierung. „Allein die Qualität rechtfertigt die Zuwendung von staatlichen Geldern“, fasst er zusammen und bedauert im gleichen Atemzug, dass Luxemburg auch in Sachen Kulturpolitik keine Diskussionskultur hat und häufig ‚eher den Mann als den Ball‘ spielt. Dabei gehe es nur selten um die Person, sondern viel häufiger um die Sache. „Wer Talent hat und an sich arbeitet, verdient eine öffentliche Förderung. Auch wenn er mit seiner Kunst kein breites Publikum anzieht“, kommt Kox nochmals auf die Kulturpolitik zurück.

Die Rolle und die Aufgabe der vielen Kulturhäuser im ganzen Land, die Mission des Kulturfonds und die Bedeutung des Mäzenats sind weitere Punkte, zu denen Jo Kox eine Meinung hat. „Es ist ein Privileg, eine Arbeit zu haben, die so viel Spaß macht. Ich habe mich zu keinem Moment gelangweilt.“